Isochromosomiebildung

Die Isochromosomiebildung ist eine relativ häufige chromosomale Aberration v. a. beim X-Chromosom. Dabei werden die Chromosomen nicht längs (siehe Abb. Normale Teilung von Chromosomen) sondern quer geteilt.
Die entstandenen Isochromosomen (Karyogramm) haben entweder zwei kurze oder zwei lange Arme. Personen mit dieser Anomalie des X-Chromosoms haben denselben Phänotyp wie Patienten mit einem Turnersyndrom (45, X0). Dies hängt damit zusammen, dass ein Arm des X-Chromosoms fehlt.

Abb. 13 - Normale Aufteilung der Chromosomen
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A
normales X-Chromosom
B
identische Tochterchromosomen

Abb. 14 - Isochromosomie
Bildung
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A
normale X-Chromosom
B1
Isochromosom X iso(Xp)
B2
Isochromosom X iso(Xq)

Legende
Abb. 13

Ein Chromosom hat sich auf korrekte Art und Weise längs geteilt. Es entstehen zwei identische Tochterchromosomen. Dieser Vorgang findet sowohl in der Meiose wie auch in der Mitose statt.

 
Animation

Normale Aufteilung

Abb. 14

Ein Chromosom hat sich quer geteilt. Es entstehen zwei nicht identische Tochterchromosomen (X iso(Xp) und X iso(Xq)).

 
Animation

Isochromosomiebildung

 

Reziproke Translokation

Bei der reziprokenTranslokation werden zwei abgebrochene Chromosomenstücke nicht homologer Chromosomen ausgetauscht. Dies ist eine relativ häufige Anomalie. Man findet sie mit einer Inzidenz von 1:500 Neugeborenen.

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Reziproke Translokation Karyogramm

Reziproke Translokationen sind häufig balanciert, weil das ganze Erbmaterial vorhanden ist. Probleme treten aber bei der Gametenbildung auf.

Abb. 15 - Reziproke Translokation
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A
zwei nicht homologe Chromosomenpaar
B
reziproke Translokation

Legende
Abb. 15

Zwei abgebrochene Chromosomenstücke von verschiedenen Chromosomen wachsen am Bruchende des anderen Chromosoms wieder an.

 
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Reziproke Translokation

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Die Gametenbildung ist bei reziproken Translokationen mit Störungen verbunden, weil sich im Bereich der Translokation die Chromosomen nicht ohne weiteres paaren können. Es liegen in diesen Abschnitten keine Homologien der Chromosomen vor. Deshalb sind die in die reziproke Translokation involvierten Chromsomen gezwungen, sich in anderer Form aneinander zu lagern. Es bilden sich quadriradiale Strukturen.
Mehr Details.

Die Tatsache, dass sich Translokationen wiederholt zwischen zwei gleichen Chromosomenabschnitten verschiedener Chromosomen ereignen, spricht dafür, dass zwischen solchen Chromosomenbereichen DNA-Sequenz-Homologien bestehen, die eine Verheilung solcher Bruchstücke erleichtern.

Heute ist bekannt, dass balancierte Translokationen auch zu krankmachenden Störungen führen können, indem Proto-Onkogene, die als normale Gene in ihrer angestammten Umgebung häufig für die Kontrolle der Zell-Proliferation verantwortlich sind, durch Translokationsereignisse (Verbindung mit anderen Genen) in Onkogene umgewandelt werden können. Sie sind die Ursache für die Entstehung von vielen Tumoren und Krebsarten, weil sie in anderer Umgebung eine ganz andere Wirkung erzielen.
Ein Beispiel dafür ist die reziproke Translokation zwischen den langen Armen von Chromosom 9 und 22. Dadurch entsteht aus einem Proto-Onkogen ein Onkogen, welches für die unkontrollierte Vermehrung von Leukozyten bei der chronisch myeloische Leukämie (CML) verantwortlich ist.

 
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Bei der chronisch myeloischen Leukämie findet man in 95% der Fälle eine reziproke Translokation zwischen Chromosom 9 und 22. Dabei entsteht auf dem Chromosom 22 (Philadelphia-Chromosom) ein Onkogen, welches die Produktion von Leukozyten auf unkontrollierte Weise anregt, was zu einer chronisch myeloischen Leukamie führt

Interaktives Schema über Philadelphia-Chromosom und chronisch myeloische Leukämie (CML).

Von der Entdeckung des Philadelphia-Chromosoms bis zu einer Kausaltherapie.

Robertson'sche Translokation

Eine andere häufig beobachtete Anomalie (1:1'000 Neugeborene) ist die Robertson'sche Translokation, die sich zwischen zwei akrozentrischen Chromosomen der Gruppe G und D ereignet. Sie wird auch zentrische Fusion von zwei akrozentrischen Chromosomen genannt.

Es ist eine spezielle Art von Translokation, indem an den akrozentrischen Chromosomen (meist Chromosom 14 und 21 bzw. 22) der sehr kurze, satellitentragende Arm verloren geht und eine zentrische Fusion t(14q21q bzw. 14q22q) der beiden Restchromosomen d.h. der langen Arme der beiden Bruchstücke resultiert.

 

Träger solcher Robertson'schen Translokationen sind phänotypisch unauffällig. Aber auch hier entstehen die Probleme bei der Gametenbildung, denn normalerweise wird dabei der diploide Chromosomensatz halbiert. Da aber bei dieser Translokation sich ein Chromosom an ein anderes gelagert hat, kann keine geordnete Segregation erfolgen.
Der Träger hat eine grössere Wahrscheinlichkeit, Nachkommen mit Trisomie/Monosomie zu bekommen und dies unabhängig von seinem Alter. Oft findet sich eine Translokation (z.B. t(14q21q) in Familien mit vererbter Trisomie 21.

Abb. 16 - Robertson'sche Translokation von akrozentrischen Chromosomen
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A
normales Chromosomenpaar
B
zentrische Fusion zweier nicht homologer Chromosomen

Legende
Abb. 16

Bei der reziproken Translokation verlieren zwei akrozentrische Chromosomen ihren kurzen Arm. Darauf lagern sich die verbleibenden Teilstücke (q- Arm) aneinander.

 
Animation

Robertson'sche Translokation

Abb. 17 - Gametenbildung bei akrozentrischer Fusion
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Legende
Abb. 17

Dieses vereinfachte Modell zeigt, dass bei einer Robertson'schen Translokation die Gametenbildung gestört ist. Einerseits können Mono- bzw. Trisomien entstehen und andererseits kann die Gametenbildung aber auch zu normalen bzw. balancierten Gameten führen.

 
Animation

Gametenbildung bei akrozentrischer Fusion

Merke

Verschiedene Möglichkeiten für die Entstehung der Trisomie 21

  • Non-Disjunktion des Chromosoms 21 in der Meiose = freie Form der Trisomie 21 = abhängig vom Alter der Mutter (90%)
  • Zentrische Fusion von akrozentrischen Chromosomen ( Robertson'sche Translokation) = vererbte Form der Trisomie 21 = nicht abhängig vom Alter der Mutter (10%)
Bei allen strukturellen Aberrationen sollte der elterliche Chromosomenstatus untersucht werden. Träger von balancierten Translokationen kommen sehr häufig in der Bevölkerung vor (1:500). Sie sind in der Regel phänotypisch unauffällig und gesund, müssen aber darüber informiert werden, dass ihre Nachkommen unbalancierte Aberrationen haben können. Eine pränatale Diagnostik ist zu empfehlen.