Lernziele

Der Student, die Studentin entwickelt eine Vorstellung in den folgenden Gebieten:

  • Wechselwirkung zw. Erbgut und Umwelt
  • Polygenie und Missbildungen
  • Allgemeine klinische Symptome von Chromosomenaberrationen

 

Vorausgesetzter Stoff

  • Molekulare Grundlagen

Problemkreise

  • Was sind Mutationen?
  • Welchen Einfluss hat die Genforschung in Hinsicht auf angeborene Krankheiten und Fehlbildungen?
  • Warum kann es zu Chromosomenaberrationen bzw. Genmutationen kommen.
  • Warum kann es zu chomosomalen Fehlverteilungen bei der Gametenbildung kommen?
  • Können Umweltfaktoren das Erbgut beeinflussen?

Einführung

Mutationen sind Änderungen im Erbmaterial, die entweder ganze Chromosomen oder Chromosomenabschnitte oder aber einzelne Gene betreffen. Auf molekularem Niveau handelt es sich dabei um eine veränderte (oder mutierte) DNA-Basensequenz. Mutationen unterteilt man nach Art ihrer Entstehung in spontane und induzierte Mutationen.
Spontane Mutationen geschehen unter "normalen" Verhältnissen mit bestimmter Wahrscheinlichkeit. Die Spontanrate ist allerdings individuell verschieden. Induzierte Mutationen entstehen dagegen durch die Einwirkung von physikalischen, chemischen oder viralen Noxen.

Chromosomenaberrationen
Die meisten Chromosomenaberrationen entstehen zufällig bei der Gametenbildung. Nach Befruchtung entwickeln sich solche Embryonen meistens nicht richtig und enden in einem Spontanabort. Untersuchungen an solchen abortierten Embryonen haben ergeben, dass ca. 50% dieser Embryonen chromosomale Aberrationen aufweisen.

Ein kleiner Teil der Chromosomenabweichungen erfolgt nach der Befruchtung in einer Zelllinie. Diese Menschen können deshalb eine Mosaikform aufweisen (einige Zellen mit Abweichungen und einige ohne).
Chromosomenmutationen können aber auch von den Eltern auf die Nachkommen vererbt werden, obwohl die Eltern phänotypisch gesund sind d.h. ein balanciertes Genmaterial haben. Ein Beispiel dafür ist die Translokation.

 

Genmutationen
Die meisten dieser Mutationen führen zu fehlenden oder funktionsunfähigen Genprodukten. In seltenen Fällen bewirkt eine Mutation aber auch die Synthese eines "besseren", d.h. für die jeweiligen Umweltbedingungen geeigneteren Proteins. Dieses Organismus hat einen Vorteil, und das modifizierte Gen wird schliesslich das ursprüngliche Gen im grössten Teil der Population durch natürliche Auslese ersetzen. Evolution, die Entwicklung der Formenvielfalt von Lebewesen, wäre also ohne Mutationen gar nicht möglich.

Viel häufiger führen aber solche Mutationen zu vererbbaren und/oder zu neu auftretenden Krankheiten, von denen ca. 5000 bekannt sind. Betrachtet man die Todesfall-Statistik des Neugeborenenalters (Abb. 1), erkennt man, dass die angeborenen Missbildungen (birth defects) mehr als eine Fünftel aller Todesfälle im Neugeborenen- bzw. Kleinkindesalter ausmachen.

Mehr dazu
Resistenz gegen Malaria ist abhängig von einem
Gen FY-0, das im Gegensatz zu seinem allelen Gen FY-1 das Protein nicht herstellt, das den Malariaerregern den Eintritt in die Erythrozyten ermöglicht.
Detail dazu
Abb. 1 - Übersicht über die Ursachen von Todesfällen
im Neugeborenen- und Kleinkindesalter (USA 1998)
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RDS
respiratory distress syndrom
= respiratorisches Erschöpfungssyndrom
SIDS
sudden infant death syndrom
= plötzlicher Kindstod
Mat. Comp. of Preg.
maternal components of pregnancy
= Schwangerschaftskomplikationen seitens der Mutter

Legende
Abb. 1

Die Übersicht zeigt, dass in den USA die angeborenen Missbildungen 22% aller Todesfällen bei Geburt oder im Neugeborenenalter ausmachen. Davon entfällt der grösste Teil auf die Herzmissbildungen, gefolgt von Lungenmissbildungen und den chomosomalen Aberrationen. Unter "other 10.7%" sind alle übrigen, nicht kategorisierbaren oder kombinierten Geburtsgebrechen enthalten. (Quelle: National Center for Health Statistics, USA, 1998)

In der Literatur findet man sehr viel verschiedene Zahlenangaben, was der Prozentsatz der verschiedenen Kategorien an angeborenen Krankheiten angeht. Dies resultiert daraus, dass viele Chromosomenaberrationen Missbildungen an einem oder mehreren Organen zeigen. In Zukunft werden mit verfeinerter Technik bei noch mehr angeborenen Krankheiten Chromosomen- oder Genmutationen gefunden werden.