Entstehung der Keimblätter

Ab dem 17. Tag bildet der Primitivstreifen die Eintrittstelle, an der die Epiblastzellen zu proliferieren und einzuwandern beginnen.
Anhand histologischer Methoden kann nachgewiesen werden, dass die Epiblastzellen während ihrer Wanderung entlang der Primitivrinne Pseudopodien ausbilden. Sie verlieren dabei den Kontakt untereinander. Dieses Phänomen des Einstroms von Zellen wird bei niedrigen Vertebraten als Gastrulation bezeichnet.

Abb. 3 - Primitivstreifen von dorsal (ca. 18 Tag)
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  1. Primitivrinne
  2. Primitivgrube
  3. Primitivknoten
  4. Membrana oropharyngealis
  5. kardiogene Platte
  6. Schnittrand des Amnions
  7. Mesoderm
  8. Endoderm
  9. künftige Membrana cloacalis

NB 1+2+3 = Primitivstreifen

Legende
Abb. 3

Birnenförmige Embryonalscheibe (Dorsalansicht). Oben auf dem Bild erkennt man die rostrale, unten die kaudale Region.

Die roten Pfeile geben schematisch die Wanderungsrichtung der Epiblastzellen an ihren Bestimmunsort wieder.

In Abhängigkeit ihrer Herkunft und ihres Zeitpunkts des Einstroms wandern die Epiblastzellen vom Primitivstreifen aus in verschiedene Richtungen.

Die ersten Zellen, die durch den Knoten und die Primitivrinne wandern, ersetzten die Hypoblastenschicht, und bilden den definitiven Endoblasten (Ursprung des zukünftigen Darms und seiner Derivate)

 

Zur gleichen Zeit werden aufgrund der Wanderung von Zellen durch den Primitivknoten in kraniale Richtung zwei weitere Strukturen gebildet:

  • Die Prächordalplatte, die sich kranial vom Primitivknoten befindet
  • der Fortsatz der Chorda dorsalis (Notochorda)
Abb. 4 - Transversalschnitt
auf Ebene der Primitivrinne
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  1. Primitivgrube
  2. Epiblast
  3. Extraembryonales Mesoderm
  4. definitives Endoderm
  5. Einwanderung von Epiblastzellen für die Bildung des intraembryonalen Mesoderms
  6. Hypoblast

Legende
Abb. 4

Transversalschnitt auf Ebene des Primitivrinne mit Einwanderung von Epiblastzellen, die den zukünftigen Mesoblasten bilden, sowie den Endoblasten, der den Hypoblasten ersetzt.

Der restliche Teil dieser eingewanderten Zellen bildet ein drittes Keimblatt, den intraembryonalen Mesoblasten. Dieses mittlere Keimblatt liegt zwischen dem definitiven Endoblasten und Epiblasten. Die Mesoblastzellen wandern in alle Richtungen: nach lateral, kranial und kaudal. Eine Ausnahme bilden die Kloakenmembran sowie die Rachenmembran, wo Ektoderm und Endoderm direkt aufeinander liegen.

Kranial der Prächordalplatte werden Mesenchymzellen der Embryonalscheibe das Perikard sowie das Septum transversum bilden. An der kaudalen Extremität bildet die Kloakenmembran die Anlage der künftige Öffnungen des Uro-Genitaltraktes und des Rectums.

Mehr dazu
Die Wanderung der Epiblastzellen mit aufeinander folgender Bildung von Mesoblast und Endoblast ist ein Abschnitt der Embryogenese, der auch unter dem Begriff Epithelio-mesenchymaler Übergang zusammengefasst wird.
Der Epiblast ist Vorläufer von drei Zellschichten in der dreiblättrigen Embryonalscheibe:

  • Ektoblast/-derm
  • Mesoblast/-derm
  • Definitiver Endoblast/-derm

Mehr dazu

Die zellulären Adhäsionsmoleküle oder CAM (Cell Adhesions Molecules)
Ab dem Beginn der Gastrulation bilden die Epiblastzellen Hyaluronsäure, welche sich in den interzellulären Räumen zwischen Epiblast und Hypoblast ablagert. Die Hyaluronsäure wird oft mit der Wanderung der Zellen assoziiert. Dieses Molekül ist imstande sehr viel Wasser zu binden (bis zu 1000-mal sein eigenes Gewicht!) und soll eine antiaggregierende Rolle gegenüber den Mesoblastzellen spielen. Dennoch genügt die Anwesenheit der Hyaluronsäure nicht, um die Wanderung der Epiblastzellen ab dem Primitivstreifen zu erklären. Bei allen Wirbeltierembryonen nimmt man an, dass die Wanderung auch an die Anwesenheit von Fibronektinen gebunden ist, welche sich auf der Basallamina unter dem Epiblasten befinden. Das Fibronektin ist ein extrazelluläres Glykoprotein

Die Integrine
Die Integrine gehören zu den 4 Familien der Adhäsionsmoleküle CAM (Cell Adhesion Molecules): Integrine, Cadherine, Selectine, und die grosse Familie der Immunoglobuline. Sie sind für die Verbindung und Erkennung zweier Zellen untereinander, oder einer Zelle und der extrazellulären Matrix zuständig. Die Art der Verbindung kann homophil (zwei identische Moleküle) oder heterophil sein (zwei verschiedene Moleküle verbinden sich). Es handelt sich um transmembranäre Glykoproteine, die die Kohäsion (Aggregation) sichern und die Wanderung der Zellen beeinflussen, welche verantwortlich ist für die Organisation der Zellen in Gewebe und der Gewebe in Organen. Die Integrine bilden Kontakte aus mit den Kollagenfilamenten in der Basalmembran und der extrazellulären Matrix. Das Laminin ist ein Ligand (Molekül, welches imstande ist, sich an einen transmembranären Rezeptor zu binden) der Basalmembran. Das Fibronektin hingegen ist ein Ligand der Interzellulärsubstanz des Mesenchyms und spielt eine Rolle bei der Wanderung der Zellen.