Der Fetus wird von seiner Mutter nicht abgestossen, obwohl er sich genetisch vom Chromosomensatz seiner Mutter unterscheidet und ein zur Hälfte allogenes Transplantat zum mütterlichen Organismus darstellt (zwei Individuen derselben Art, genetisch zur Hälfte identisch). Diese Tatsache bleibt ein kontroverses Thema. Von der Geburt an wehrt der mütterliche Organismus jegliches Transplantat des Neugeborenen ab, obwohl dasselbe Gewebe («natürliches allogenes Transplantat») während neun Monaten durch den mütterlichen Organismus akzeptiert, geschützt und ernährt wurde. Die Mutter entwickelte während der Schwangerschaft eine Toleranz gegenüber ihrem Kind. Diese Reaktion beruht auf der spezifischen Antigeneigenschaft des Embryos und der Plazenta sowie auf den Veränderungen des mütterlichen Immunsystems. Die Plazenta befindet sich zwischen diesen beiden Immunsystemen.
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Antigeneigenschaft von Embryo und Plazenta. Der Embryo weist auf seinen Oberflächenzellen HLA Proteine auf, die sich von denjenigen der Mutter unterscheiden, da er die Hälfte seiner Gene vom väterlichen Vorkern erhalten hat. Für das Immunsystem der Mutter besteht der Embryo also aus «nicht-eigenem Material», und würde eliminiert werden, wenn kein Schutzmechanismus vorhanden wäre. Die fetalen Gewebe und vor allem diejenigen der Plazenta (Synzytiotrophoblast und Zytotrophoblast der Zotten), die in direktem Kontakt zum mütterlichem Organismus stehen, exprimieren keine Gewebsantigene (HLA-A , -B, -C Komplexe = Hauptkomplexe der Histokompatibilität). Es handelt sich dabei um einen Genkomplex, der für Zelloberflächenmoleküle kodiert, die notwendig sind, um den T-Zellen Antigene zu präsentieren, damit Transplantate und anderes körperfremdes Gewebe erkannt und beseitigt werden können. Nach der Implantation werden durch den extravillösen Zytotrophoblasten monomorphe Antigene der Histokompatibilität vom Typ HLA G präsentiert (sie unterscheiden sich nicht zwischen Individuen der gleichen Art). Das HLA-G Antigen, dessen Rolle jetzt verständlich wird, übernimmt gleichzeitig eine anti-virale und immunosuppressive Funktionen sowie nicht-immunologische Aufgaben Ausserdem blockiert die Plazenta zytotoxische mütterliche Zelleffekte durch Sekretion verschiedener Faktoren . Die Insuffizienz dieser Mechanismen kann für immunbedingte Aborte verantwortlich sein. Ausser diesen Faktoren haben manche Steroidhormone (z.B. Progesteron) einen immunosuppressiven Effekt auf die Lymphozyten der schwangeren Frau. Vom hormonellen Standpunkt aus gesehen scheint das Progesteron (dessen Werte speziell während der Schwangerschaft erhöht sind) eine bedeutende immunosuppressive Rolle zu spielen, die durch das Protein PBIF (Progesterone Induced Blocking Factor) vermittelt wird.
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Erinnerung zu den immunologischen Reaktionen in Bezug auf die Abstossung des fetalen allogenen Transplantats.
Die zytotoxischen T-Lymphozyten kontrollieren die Zellpopulation des Organismus und zerstören durch Zytolyse fremde Zellen (körperfremd, "nicht-Ich") oder diejenigen Zellen des Organismus, die ein fremdes Antigen präsentieren ("modifiziertes Ich"). Trophoblastzellen müssten demnach als körperfremdes Gewebe zerstört werden. Da das Erkennen eines Antigens seine Verbindung an ein HLA (Eigenmarker) Protein voraussetzt, und da Trophoblastzellen kein klassisches HLA exprimieren , können sie von T-Lymphozyten nicht als fremdes Gewebe erkannt werden und entziehen sich so der Wirkung der T-Lymphozyten. Die NK Zellen (N atural K iller, non-B-non-T-Lymphozyten), greifen Zellen an, die keine klassischen HLA-Marker besitzen, also z.B. Trophoblastzellen. Diese sollten also eigentlich durch die NK Zellen zerstört werden. Die NK Zellen sind jedoch mit einem System ausgerüstet, das die HLA-G Marker erkennt, wodurch ihre zytolytische Tätigkeit gehemmt wird. Der Fetus ist also vor dem Immunverteidigungssystem der Mutter in Sicherheit trotz unterschiedlicher HLA-Gruppe des Vaters.