Virale Erreger

Der Embryo kann sich über die Plazenta mit Krankheiten anstecken. In diesem Fall spielt das Blut der Mutter eine vermittelnde Rolle (mütterliche Virämie). Ausserdem kann der Embryo auch über die Amnionhöhle in Folge einer Vaginalinfektion der Mutter angesteckt werden (vertikale Infektion)

  • Der Rötelvirus:
    Der Rötelvirus (German Measles auf englisch) ist das typische Beispiel eines teratogenen Erregers.
    Wenn die Mutter infiziert wird, kann der Virus die Plazentabarriere passieren und so den Embryo oder den Fetus anstecken. Es ist daher sehr wichtig, Frauen im gebärfähigen Alter zu impfen.
    Während des ersten Trimesters beträgt die Ansteckungsgefahr im ersten Monat etwa 50%, nimmt im zweiten Monat auf 25% und im dritten Monat auf 15% ab. Zu den Symptomen dieser Embryopathie zählen Herzfehler, Katarakte und Taubheit. Zusätzlich werden auch Mikrozephalie, Schwachsinn, Chorioretinitis, Glaukome, Mikrophtalmie und Zahnmissbildungen diagnostiziert.
    Im 2. und 3. Trimester ist das Risiko für die Entstehung von Missbildungen beim Fetus klein (etwa 10%). In Folge einer Missbildung des Innenohrs und des ZNS tritt besonders Taubheit auf.

  • Cytomegalovirus:
    Die Infektion durch den Cytomegalovirus (HHV-5, human herpes virus) ist die am häufigsten vorkommende Infektion während der Fetalperiode, und trifft etwa 3% der schwangeren Frauen.
    Man vermutet, dass diese Infektion während der Embryonalperiode letal ist und im ersten Trimester zu einem Spontanabort führt.
    Kinder, die in der frühen Fetalperiode angesteckt wurden, sind asymptomatisch und werden dank spezieller Diagnosetechniken ausfindig gemacht.
    Ab dem 2. Trimester führt der Virus zu folgenden Krankheitsbildern: Wachstumsrückstand, Veränderungen im ZNS (Mikrocephalie, zerebrale Atrophie, Hydrocephalie, Zerebelläre Hypoplasie, Chorioretinitis, Atrophie der Augen) und Hepatosplenomegalie.

  • Herpes simplex:
    Die Infektion durch den Herpes simplex Virus (HSV) findet in der Regel in der späten Phase der Schwangerschaft statt. Die fetale Infektion führt zu Schwachsinn, Mikrozephalie, Myokardiopathie, Spastizität, Netzhautdysplasie und charakteristischen Hautwunden.
    Oft infiziert sich das Kind während der Geburt aufgrund einer genitalen Herpesinfektion der Mutter.
    Etwa 50% der Kinder infizierter Mutter werden während der Geburt angesteckt. Dabei stirbt die Hälfte von ihnen. Die Entbindung durch Kaiserschnitt kann eine Infektion verhindern.

  • Varizellenvirus:
    Der Virus der Varizellen ist für angeborene Missbildungen verantwortlich, die im Verlaufe der vier ersten Monate auftreten. Dazu gehören Hautnarben, Muskelatrophie, Hypoplasie der Glieder und der Finger, Missbildungen der Augen und des Gehirns (Schwachsinn). Das teratogene Risiko ist nur bis zur 20. Woche nachgewiesen worden.

  • HIV (Human Immunodeficiency Virus):
    Das HIV ist für das Syndrom der Immunschwäche verantwortlich (AIDS).
    Wenn die Mutter seropositiv ist, so werden ein Drittel der Kinder angesteckt.
    Die Ansteckung des Kindes findet in 1/3 der Fälle in utero statt. In 2/3 der Fälle geschieht die Ansteckung unter Geburt. Die Ansteckung des Kindes während der Geburt findet durch den fetal-mütterlichen Blutaustausch kurz vor oder während der Geburt oder durch den Kontakt mit zerviko-vaginalen Sekret und dem Blut der Mutter beim Durchtritt durch deren Geburtskanal statt. Der Kaiserschnitt und eine antivirale Behandlung sind eine anerkannte Massnahmen zur Verminderung des Infektionsrisiko. Die angeborenen Anomalien, welche aufgrund einer Infektion in utero auftreten, beinhalten einen Wachstumsrückstand, Mikrozephalie und Schwachsinn.
Abb. 20 - Sensible Phasen für einige infektiöse und toxische Wirkstoffe
media/multuse/j6a_terat.gif

  1. Embryonalperiode
  2. Fetalperiode

Legende
Abb. 20

Im Verlaufe der Embryonalperiode (A) ist die Schwelle der Sensibilität gegenüber teratogenen Wirkstoffen im Vergleich zu der Sensibilität während der Fetalperiode (B), stark erhöht. Die farbigen Balken, stellen die kritischen Phasen für verschiedene teratogene Wirkstoffe dar.