Einführung

Für die Kontrolle der Entwicklung des Embryos ist die "Genarchitektur" seiner Chromosomen verantwortlich. Da aus ethischen Gründen Experimente nicht am Menschen durchgeführt werden können, verdankt man die bisherigen Resultaten einigen Modellorganismen wie Caenorhabditis elegans (Nematoden), Drosophila (Fruchtfliege) und der Maus.
Die Embryonalentwicklung hängt von genetischen wie auch von Umwelteinflüssen ab, die zeitlich und örtlich aufeinander abgestimmt sind. Die Faktoren, welche beispielsweise die Interaktionen zwischen den Geweben, die Wanderung und Differenzierung der Zellen, die Proliferation der Zellkolonien, sowie die Apoptose (programmierter Zelltod) bestimmen, sind zahlreich. Die Embryonalenwicklung ist ein Prozess des Wachstums und der Differenzierung, in dem der Embryo an Komplexität zunimmt und immer mehr Strukturen und Funktionen anreichert.
Das Wachstum ist von der somatischen Vervielfachung der Zellen durch Mitosen abhängig. Um das Wachstum zu kontrollieren braucht es gewisse Restriktionsmechanismen, welche imstande sind, die Mitosen zum richtigen Zeitpunkt zu stoppen. Die Komplexität der Strukturen ist mit der Morphogenese und der Differenzierung verbunden. Einer der faszinierenden Punkte der Embryonalentwicklung ist ja die Tatsache, dass aus einer einfachen Zygote (befruchtete Eizelle) ein Organismus entsteht, der aus Milliarden von Zellen besteht. Im folgenden Kapitel werden nur einige der vielen, für die pränatale Entwicklung wichtigen Faktoren genannt.

Kontrollfaktoren embryonalen und fetalen Ursprungs

Zahlreiche Moleküle (Hormone, Wachstumsfaktoren und Enzyme) spielen eine Rolle für den Wachstum und die Differenzierung des Embryos. Nur einige von diesen werden hier erwähnt, da deren vollständige Studie den Rahmen dieses Moduls sprengen würde

 
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Die IGF's (insuline like growth faktor) sind mitogen, stimulieren den fetalen Metabolismus und koordinieren den feto-plazentären Metabolismus. Die IGF-II regeln die frühe embryonale Entwicklung, während die IGF-I für das Wachstum des Neugeborenen verantwortlich sind.

Das fetale Insulin spielt eine indirekte Rolle auf die Regulierung des Fetalwachstums. Es moduliert die Expression der fetalen IGF. Direkt wirkt es hingegen auf das Fettgewebe und die Proliferation der Zellen im Fetus. Seine Wirkung auf die Differenzierung des Gewebes und somit auf die pränatale Reifung ist hingegen gering

Die fetalen Glucocorticoide wirken auf die Differenzierung des Gewebe und die pränatalen Entwicklung der Organe wie beispielsweise der Lunge (Reifung des Surfactant), der Leber (Kontrolle der Glycämie) sowie des Darmes (Reifung der Verdauungsenzyme und Proliferation der Zotten).

Ausserdem wirken die Glucocorticoide gemeinsam mit den Hormonen der Schilddrüse auf die Reifung der Lungen und des Nervensystems

Das fetale Wachstumshormon GH wirkt nicht auf das pränatale Wachstum. Dies erklärt den ausbleibenden Wachstumsrückstand bei einem angeborenen Hypopituarismus.

Es existieren weitere Wachstumsfaktoren, die auf die Proliferation, die Differenzierung und Reifung der Zellen wirken. Sie spielen eine wichtige Rolle in der Embryogenese.

  • Die EGF (epidermal growth factor) sind stark mitogen und bilden eine Gruppe von Molekülen, die auf den gleichen Rezeptor (Tyrosinkinase) wirken.
  • Die TGF (transforming growth factor) bilden eine Superfamilie, welche mehr als 30 Mitglieder zählt (TGF-β, Aktivin, BMP oder bone morphogenetic proteins, GDNF oder Glial derived neurotropic factor)
  • Die FGF (fibroblast growth factor), von denen man etwa 20 kennt.

Die embryonale Cholinesterase (Che) ist ein Enzym, welches in der Morphogenese aktiv ist. In Abhängigkeit ihres Entwicklungstadiums exprimieren die Embryonalzellen auf ihrer Oberfläche muskarinische Rezeptoren für das Acetylcholin und synthetisieren Cholinesterase, welche imstande ist den Neurotransmitter zu inaktivieren.

Die Interleukine 1 bilden eine Familie, die zu der der Cytokininen gehören. Sie spielen eine wichtige Rolle während der Implantation.

Die Geschlechtshormone mit embryonalem Ursprung. Die geschlechtliche Differenzierung findet zwischen der 3. und 12. Woche statt. Verantwortlich hierfür sind genetische wie auch hormonelle Faktoren.
Seit 1950 ist bekannt, dass die sekundäre geschlechtliche Differenzierung (Phänotypisches Geschlecht) im Gegensatz zur primären geschlechtlichen Differenzierung (Gonadengeschlecht) hauptsächlich von hormonellen Faktoren abhängt.
Ab der 6. Woche sezernieren die Leydig-Zellen der embryonalen Hoden Testosteron, welches für die männliche Differenzierung verantwortlich ist und so zur Entstehung des männlichen Geschlechtsapparates führt.

Um die 7. Woche induziert das Anti-Müller Hormon (AMH), welches zur Familie der TGF-β gehört und von den Sertolizellen sekretiert wird, das Zurückbilden der Müller-Kanäle. Der weibliche Geschlechtsapparat entwickelt sich, wenn die gerade erwähnte hormonelle Beeinflussung ausbleibt, spontan.

Kontrollfaktoren mütterlichen Ursprungs

Die mütterlichen Hormone und Wachstumsfaktoren passieren normalerweise die Plazenta nicht. Geschieht dies dennoch, so liegt ein veränderter Plazentarmetabolismus vor. Falls die Mutter Drogen konsumiert (Alkohol, Tabak) oder selber krank ist (Diabetes), kann dies einen Einfluss auf das Wachstum des Embryo und des Fetus haben.