Entwicklung der Immuntoleranz

Das Erkennen von "fremd" und "eigen" ist eine fundamentale Eigenschaft des Immunsystems. Das Erreichen dieser Selbst-Toleranz wird hauptsächlich während der T-Zellreifung im Thymus erreicht. Erstaunlicherweise sterben 95% aller dort gebildeten Zellen, bevor sie in der Lage sind, zu reifen und in die peripheren lymphatischen Organe auszuwandern. Diese Verschwendung geht auf das Konto von äusserst strengen Auslesekriterien, welche auf die sich entwickelnden T-Zellen im Thymus angewendet werden. So wird sichergestellt, dass nur T-Zellen mit potentiell nützlichen Rezeptoren überleben.

Obwohl auch einige selbst-reagierende B-Zellen während ihrer Entwicklung eliminiert werden, liegt der eigentliche Hauptmechanismus der Selbst-Toleranz doch in der Eliminierung von sich entwickelnden, selbstreagierenden T-Zellen im Thymus. Damit sind solche T-Zellen gemeint, deren Rezeptoren stark an ein eigenes Peptid binden, das seinerseits an ein körpereigenes MHC-Molekül gebunden ist. Weil die meisten B-Zellen für ihre Antigen-Reaktion die Unterstützung von Helfer-T-Zellen benötigen, führt die Eliminierung von selbst-reagierenden Helfer-T-Zellen auch dazu, dass selbst-reagierende B-Zellen harmlos sind. Das Repertoir an T-Zellen ensteht also aus einer Kombination von positiven und negativen Auslese-Prozessen.

 

Positive Selektion

T-Zellen, die während ihrer Entwicklung im Thymus Peptide im Komplex mit eigenen MHC-Molekülen erkennen, aber nicht stark binden, werden positiv ausgewählt. Diese bringen dem Körper einen Vorteil, der Rest der T-Zellen, der diese Selektionskriterium nicht erfüllt, d.h. entweder zu stark bindet oder MHC-Moleküle überhaupt nicht erkennt, stirbt schon während der Entwicklung durch Apoptose.

Trotz dieser positiven Auslese bleibt aber immer noch ein gewaltiges Problem ungelöst: Wenn sich entwickelnde T-Zelle körpereigene Peptide, die mit eigenen MHC-Molekülen assoziiert sind erkennen, im Thymus reifen und in das periphere lymphoide Gewebe auswandern würden, müssten sie im Körper eine Verwüstung ungeheuren Ausmasses anrichten, weil im Körper immer wieder eigene Abfallprodukte durch MHC-Komplexe an die Oberfläche von Zellen transportiert werden. Um diese Katastrophe zu vermeiden, muss ein zweiter, negativer Auslese-Prozess im Thymus durchgeführt werden.

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Reifungsphasen der T-Lymphozyten (Interaktives Schema).
 

Negative Selektion

Wie die positive Auslese, so erfordert auch die negative Auslese die Interaktion eines T-Zell-Rezeptors mit einem geeigneten MHC-Molekül. Im Gegensatz zur positiven Auslese, die hauptsächlich an Epithelzellen des Thymus stattfindet, ereignet sich die negative Auslese besonders an der Oberfläche von anderen Zellen, wie z. Bsp, dendritischen Zellen oder Makrophagen. Dabei werden solche T-Zellen, die stark an Eigen-MHC-Moleküle mit präsentierenden Eigenpeptiden binden, eliminiert. Erst wenn die T-Zellen diese Selektionsschritte erfolgreich durchlaufen haben, werden sie als immunkompetente Zellen im Blut zirkulieren und die sekundären Lymphorgane besiedeln.

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In der Peripherie erkennen die T-Lymphozyten Fremdproteine mit Hilfe von MHC-Molekülen (Cytotoxische und Helfer-Zellen erkennen MHC-Moleküle).