Primäre lymphatische Organe
Beim Menschen geschieht der grösste Teil der Entwicklung von Lymphozyten in spezialisiertem Gewebe, den primären lymphatischen Organen, Knochenmark (Leber in der Fetalperiode) und Thymus. Dort wird eine grosse Anzahl von immunkompetenten Lymphozyten produziert, die das sekundäre lymphatische Gewebe kolonisiert.
Man unterscheidet zwei Arten von immunkompetenten Zellen:
- T-Lymphozyten, welche für die zelluläre Immunantwort zuständig sind und im Thymus heranreifen.
- B-Lymphozyten, die für die humorale Immunreaktion verantwortlich sind und in der Leber und im Knochenmark heranreifen.
Knochenmark
Die Produktion von Blutzellen im Knochenmark beginnt ungefähr 4-5 Monate nach der Befruchtung.
Stammzellen wandern von der Leber in das Knochenmark ein, wo das "microenvironment" für die Entwicklung der Stammzellen entscheidend ist.
Hier reifen unter anderem die B-Lymphozyten heran. Dieses Stroma besteht aus Endothelzellen, Fettzellen, Osteoblasten und Fibrozyten.
Auch wandern Makrophagen ein, die allerdings selber vom hämatopoietischen Stammzellen stammen. Dadurch wird eine Umgebung geschaffen, die je nach Bedürfnis die Prolieferation und Differenzierung der Vorläuferzellen stimuliert. Sobald diese Zellen ausgereift sind, begeben sie sich durch Oeffnungen in den Sinusoiden aus dem Knochenmark in die Blutzirkulation.
Thymus
Im Thymus reifen aus Stammzellen die T-Zellen heran. Sie wandern in die sekundären Lymphorgane aus und wirken dort als immunkompetente Zellen für die Abwehr des Körpers gegen Infektionen.
Der Thymus ist ein Kopfdarmderivat aus der 3. und 4. Schlundtasche. Sein Stroma entsteht aus Epithelzellen sowohl ektodermaler als auch endodermaler Herkunft.
- Mandibularbogen
- Hyoidbogen
- Eingang zum Sinus cervicalis
- 3. Schlundtasche
- 4. Schlundtasche
- Foramen caecum
- Thyroidea
- Sinus cervicalis
- Thymus (Anteil 3. Schlundtasche)
- Thymus (Anteil 4. Schlundtasche)
Aufsicht auf den Querschnitt in Abb. 8.
Im Kopfdarmbereich sind die Verhältnisse kompliziert (Überblick über die wichstigsten Derivate des Kopfdarms).
Bis zur sechsten Woche ist der Thymus rein epithelial. In den nächsten Wochen wird er von einwachsenden Mesenchymsepten eingebuchtet. So entstehen Pseudolobuli, die im Zentrum miteinander kommunizieren.
Das mesenchymale Anlagematerial bildet im weiteren die zahlreichen zum Teil erweiterten perivaskulären Räume, die für den Zelltransport in und aus dem Thymus von Bedeutung sind.
Im vollentwickelten Organ sind das für die Reifung der T-Lymphozyten verantwortliche thymus-epitheliale Gewebe und die perivaskulären Räume zwar eng verflochten aber stets durch eine Lage flacher Epithelzellen mit Basallamina gegeneinander abgegrenzt, die Thymus-Blutschranke.
Das Anlagematerial für die nichtepithelialen Stromazellen (Vorläufer der Makrophagen) und die freien Zellen des Thymus (präthymische Stammzellen der T-Lymphozyten) kommen aus embryonalen Blutbildungszentren (Leber, Milz, Knochenmark). Sie erscheinen im Thymus ab der 9 Woche und besiedeln ihn vorerst relativ gleichmässig. Seine Funktionsfähigkeit erlangt der Thymus (Histologisches Bild) erst, wenn sich Rinde und Mark differenziert haben. Erste Anzeichen dieser Differenzierung finden beim Feten ca. ab 12 Wochen statt, und sind mit ca. 4 Monaten abgeschlossen. Mit dieser Differenzierung siedeln sich die jungen Thymozyten in der Rindenregion an.
- Thymuskapsel
- Thymus-nurse-cells
- Bindegewebssepten mit Blutgefässen
- subkapsuläres Epithel (Blut-Thymusschranke)
- kortikale Epithelzellen
- medulläre Epithelzellen
- Dendritische Zellen (aus Knochenmark)
- Hassall'sches Körperchen (Histologisches Bild)
- Makrophagen (aus Knochenmark)
- A
- Kortex
- B
- Medulla
Die Lymphozyten-Vorläufer kommen in der Rinde dichtgedrängt vor. Sie sind eng assoziiert mit den "Thymic-nursing-cells". Ihre Differenzierung erfolgt durch Wanderung in die Markregion, wo die Zellen lockerer arrangiert sind.
Daneben besteht der Thymus aus kortikalen und medullären Epithelzellen. Die einzelnen Läppchen werden durch eine Reihe kleinerer Epithelzellen umsäumt, welche die Thymus-Blut-Schranke bilden.
Auch siedelt sich eine grosse Anzahl Makrophagen im Thymus an, die wie die Thymozyten von hämatopoietischen Stammzellen von der Leber bzw. vom Knochenmark stammen.
Für die weitere Entwicklung der Thymozyten in T-Zellen spielt das Thymusstroma eine entscheidende Rolle. Die Epithelzellen des Thymusmarks sezernieren Chemokine (auf englisch: MDC = Macrophage-derived chemokines), welche die unreifen Thymozyten chemotaktisch anlocken, d.h. die Thymozyten exprimieren binding sites, die für diese MDC hochspezifisch sind. Wahrscheinlich sind diese MDC für die Reifung der Thymozyten (Interaktives Schema) während ihrer Wanderung von der Rinde ins Mark zuständig.