Sekundäre lymphatische Organe
Die sekundären lymphatischen Organe stellen die Orte dar, wo sich der Abwehrkampf abspielt. Darin entwickeln sich die im Thymus und im Knochenmark herangereiften T- und B- Lymphozyten weiter, wenn sie mit Antigenen in Kontakt gekommen sind, was zu einer klonale Vermehrung führt.
Es bilden sich spezifische Proliferationszonen für die beiden Lymphozytengruppen. Dabei entstehen Effektor- und Regulatorzellen (siehe «Erlangung der Immunkompetenz»). Das Anlagematerial für die sekundären lymphatischen Organe ist mesenchymaler Herkunft. Es bildet sich durch Verdichtung in Zusammenhang mit der Differenzierung des Lymph- und Blutgefässsystems.
Lymphfollikel der Schleimhäute
Die Lymphfollikel der Schleimhäute sind mesenchymaler Herkunft, haben aber eine enge Beziehung zum Endoderm. So schreitet auch ihre Entwicklung mit derjenigen der Endoderm-Derivate in einem kranio-kaudalen Gradienten fort. Dadurch erfolgt auch eine gegenseitige Beeinflussung der Entwicklung. Die Anfänge sind immer durch Ansammlungen von Rundzellen und eine reiche Vaskularisation in dieser Region gekennzeichnet. Zuerst erscheinen mit der Schlundtaschenbildung die Anlagen der Tonsillen. Sie befinden sich im Bereich des Rachens als Tonsillae palatinae, linguales und der unpaarigen Tonsilla pharyngealis. Die Tonsilla palatina entsteht beidseits in der Tonsillarbucht, dem Relikt der zweiten Schlundtasche.
Das Epithel verdickt sich und bildet einen Höcker. Darunter lässt auch das Mesenchym eine Verdickung seiner Elemente erkennen und kleinere Blut- und Lymphgefässe sammeln sich an. Vom endodermalen Epithel wachsen bald kleinere und grössere Epithelstränge in das Mesenchym ein und bilden die späteren Krypten der Tonsillen. Mit Beginn der Fetalperiode siedeln sich auch T- und B-Lymphozyten in T- und B-spezifischen Regionen der Tonsillen an.
Zu den B-spezifischen Regionen zählen die Primärfollikel, zwischen ihnen siedeln sich die T-Lymphozyten an und bilden die parafollikulären Regionen. Wie im Thymus sind auch hier die Stromazellen in den B- und T-Zell-spezifischen Regionen eine wichtige Voraussetzung für die Ausreifung der verschiedenen Subpopulationen von immunkompetenten Lymphozyten.
Auch die Tonsilla lingualis am Zungengrund und pharyngealis am Dach der hinteren Wand des Nasophyrynx entstehen auf ähnliche Weise, indem endodermale Epithelstränge in die Tiefe des darunterliegendenden verdickten Mesenchyms wachsen.
Das lymphatische Gewebe des Darmes, die Peyer'sche Plaque und die Appendix vermiformis erscheint deutlich später als die Anlage der Tonsillen, nämlich erst in der zweiten Hälfte der Schwangerschaft. Zuerst finden sich Ansammlungen von Lymphozyten vor allem im Ileum, wo sie sich in der Submucosa an verschiedenen Stellen zusammenlagern und so den Beginn der Bildung der Peyer'schen Plaque markieren. Im 7. bis 8. Monat treten die ersten Primärfollikel auf.
In der Caecumregion können zwischen 4. und 5. Monat auch erste Ansammlungen von lymphatischen Zellen unmittelbar unter dem Darmepithel nachgewiesen werden. Hier ist die enge Beziehung zum darüberliegenden Darmepithel besonders deutlich ausgeprägt.
In der Lungenanlage, welche auch endodermalen Ursprungs ist, entwickelt sich das lymphatische Gewebe noch später. Erste Lymphknoten bilden sich erst ab dem 7. Monat. Erst im 8. Monat erkennt man Primärfollikel.
Lymphknoten
Die Entstehung der Lymphknoten (histologisches Bild) folgt der Bildung der Lymphgefässe. Die primären Lymphknoten entwicklen sich in Regionen, die von Lymphsäcken eingenommen werden. Zwischen den verzweigten Lymphsäcken bilden sich mesenchymale Verdichtungen, die sie unvollständig untergliedern. Dies führt zur Bildung eines Lymphgefässplexus (siehe Entwicklung der Lymphgefässe).
Als erstes bilden sich am Ende der Embryonalzeit die tiefen Halslymphknoten aus dem Saccus lymphaticus jugularis und bald darauf bilden sich im Bereich des Schultergürtels auch die axillären, parasternalen, mediastinalen Lymphknoten und die Nodi lymphatici unter dem M. trapezius.
Aus dem ausgedehnten Saccus lymphaticus lumbalis entwickeln sich die Cysterna chyli, die retroperitonealen, lumbalen und inguinalen Lymphknoten sowie die Lymphknoten des kleine Beckens.
Bald wachsen in diese fetalen Lymphknoten auch Retikulumzellen und Makrophagen ein, und etwas später erscheinen die ersten Lymphozyten sowie Zellen der granulopoietischen Reihe. Auch weisen diese Lymphknoten erste postkapilläre Venulen auf.
Weisse Milzpulpa
Die Milz, ein Derivat des Mesoderms, ist erstmals im Stadium 13 (ca. 32 Tage), sichtbar. Sie entsteht in direktem Kontakt zum Magen im Mesogastrium dorsale, das zu diesem Zeitpunkt noch sehr wulstig ist. Als erste Differenzierung entsteht eine Verdickung des viszeralen Mesothels und darin eine Ansammlung von Mesenchymzellen. Durch die Verlagerung des Magens nach links wird auch die Milz nach links verschoben. Das Mesogastrium dorsale lagert sich an die hintere Bauchwand und verklebt im Bereich, wo das Pankreas eingewachsen ist. Es bleibt nur das Ligamentum lieno-renale erhalten, das die Milz mit der hinteren Bauchwand verbindet und die Milzgefässe enthält. Der Teil des ursprünglichen Mesogastrium dorsale, der die Verbindung zwischen Milz und Magen darstellte, bleibt als Ligamentum gastro-lienale erhalten. Somit bleibt die Milz ein intraperitoneales Organ.
Während des ersten Trimenons wandern weitere Zelltypen in die Milz ein, so zum Beispiel Makrophagen und Vorläuferzellen der Erythropoiese. Die Mesenchymzellen beginnen, ein Netzwerk zu bilden. Es kann in dieser Zeit auch zu Hämatopoiese in der Milz kommen. Man nennt dieses Entwicklungsstadium der Milz auch als primäres Gefässretikulum. In den folgenden Wochen baut sich die Milz um und es entstehen durch Einwachsen von Trabekeln Läppchenstrukturen. Ab der 15. Woche kann die weisse Milzpulpa mit Ansammlungen von Lymphozyten von der roten Milzpulpa, die aus dem oben beschriebenen Maschenwerk mit Sinusoiden besteht und in der Peripherie der Läppchen liegt, unterschieden werden.
Die Besiedlung der Milz mit Lymphozyten geschieht zu Beginn der zweiten Schwangerschaftshälfte. Zuerst lagern sich T-Lymphozyten um die von den Balkenarterien abgehenden Zentralarterien. Die weiteren Verzweigungen der Blutgefässe, die Follikelarterien führen zu Ansammlungen von B-Lymphozyten. Weitere mehr in der Peripherie gelegenen Abzweigungen, die Pinselarteriolen bzw. Hülsenkapillaren bringen Blut durch einen offenen oder geschlossenen Kreislauf in die peripheren Sinusoide.
Im offenen Kreislauf münden die Arteriolen (Pinselarteriolen) offen in das Maschenwerk aus retikulärem Fasergerüst. Das Blut muss dieses Maschenwerk passieren, bevor es in die Sinusoide gelangt. Dadurch wird es von alten, nicht mehr verformbaren Erythrocytes befreit.
In einem zweiten Kreislauf münden die Arteriolen direkt in die Sinusoide. Dies stellt den geschlossenen Kreislauf dar. Das gereinigte Blut gelangt über die abführenden Venen wieder in den grossen Kreislauf.