Ovarien: Differenzierung
Die Differenzierung des Ovars geschieht später als diejenige der Testes und erfolgt im Laufe der 8. Woche (Stadium 20 - 23). Weil die Frau kein Y-Chromosom besitzt, hat sie somit auch kein SRY Gen, ausser wenn eine Translokation des Gens auf das X-Chromosom erfolgt!
Histologisch könne zwei Regionen im Ovar unterschieden werden:
- Kortex, der alle Elemente des Parenchyms enthält.
- Medulla, die mit dem Kortex die Elemente des Stromas teilt.
Entwicklung des Stromas
Im Ovar behalten die Gonandenstränge mehrheitlich den Kontakt zum oberflächlichen Zölomepithel. Diejenigen Gonadenstränge, welche sich aus dem verdickten Zölomepithel in die Tiefe begeben und den Kontakt verlieren, bilden sich in der weiblichen Gonade zurück.
Wahrscheinlich sind dafür einerseits die fehlenden Genprodukte verantwortlich, die beim Mann durch das SRY-Gen auf dem Y-Chromosom aktiviert werden. Man vermutet aber auch noch Signale im Ovar, welche die Differenzierung in eine männliche Gonade aktiv verhindern. So wirkt zum Beispiel WNT-4 teilweise als Anti-Testis-Gen, indem es gewisse Entwicklungsschritte zur Ausdifferenzierung Richtung Testes unterdrück.
Entwicklung des Parenchyms
Gegen Ende der Embryonalperiode kann man im Ovar den Kortex mit den Gonandensträngen und den PGC von der Medulla unterscheiden. Obwohl man in der Literatur immer wieder findet, dass Zellen mesonephrotischen Ursprungs auch am Stroma des Ovars beteiligt wären, haben Untersuchungen an Mäuseovarien gezeigt, dass keine Zellen aus dem Mesonephros in das Ovar einwandern (vgl. im Gegensatz dazu z. Bsp. Myofibroblasten des Testis), sobald die PGC in das Meiosestadium eintreten (am Ende des ersten Trimesters = 12 Wochen). Somit wird eine Beteiligung des Mesonephros an den Strukturen des Ovars von Mäusen angezweifelt. Wahrscheinlich erreichen die Zellen des Mesonephros nur den Hilusbereich des Ovars und sind dort am schwach ausgebildeten Rete ovarii beteiligt.
Im Laufe des 4. Monats lösen sich die Gonadenstränge durch einspriessende Blutgefässe aus der Medulla auch im Kortex auf und isolierte Zellhaufen umgeben die Oogonien, die sich vermehrt synchron teilen (Mitose). Die Oogonien bilden ähnlich wie die Spermatogonien Zellklone. Die einzelnen Zellen sind über Zellbrücken miteinander verbunden.
Man kann nun verschiedene Zonen im Kortex unterscheiden. In der äussersten Zone befinden sich prolieferierende Oogonien, etwas weiter innen erkennt man Oozyten, welche spontan in die Prophase der ersten Reifeteilung (Meiose I) eingetreten sind.
Ab dem 5. Monat wird weiter gegen das Mark noch eine dritte Zone sichtbar, in welcher die Oozyten die Prophase der ersten Reifeteilung schon vollendet haben und von einer einschichtigen Zellschicht umgeben sind, die sich aus Zellen der Gonadenstränge differenziert haben und nun Follikel- oder Granulosazellen heissen. Die von Follikelzellen umhüllte primäre Oozyte wird nun als Primordialfollikel bezeichnet und verharrt in diesem Stadium der ersten Reifeteilung (Diktyotänstadium) bis zur Pubertät.
Während der frühen Fetalperiode entstehen durch intensive mitotische Teilung der Oogonien Tausenden von primordialen Follikeln (die Follikelstadien vom Primordialfollikel zum Tertiärfollikel).
Die Anzahl der Primordialfollikel nimmt vor der Geburt leicht ab, aber sie nimmt bis zur Pubertät massiv ab. Es bleiben zu Beginn der Pubertät nur noch ca. 500'000 (die Bevölkerungszahl in der Pubertät reicht von 25.000 bis 1,5 Millionen) übrig. Davon entwickeln sich zwischen Pubertät und Menopause nur ca. 300 primäre Oozyten weiter, um eine befruchtungsfähige Oozyte zu bilden.
Die erste meiotische Teilung beginnt daher im embryonalen Zustand und endet zum Zeitpunkt der Pubertät! (Gametogenese)
Zu beachten ist, dass sich Follikel nur in Anwesenheit der PGC bilden. Ohne sie entstehen sterile Gonadenstränge, welche in der Folge wieder degenerieren und das Ovar besteht folglich nur aus Stroma.
Phase A:
Einwanderung der PGC in die Genitalleiste, wo sie sich durch Kontakt mit dem Zölomepithel mitotisch vermehren.
Bildung der Gonadenstränge, die teilweise wieder degenerieren. (Woche 6 - 7).
Phase B:
Aktive Vermehrungsphase der PGC und Differenzierung in Oogonien (Woche 9 - 22).
Die maximale Anzahl PGC ist mit 20 Wochen erreicht. (7 Mio.).
Phase C:
Die Oogonien treten spontan in die Meiose ein und werden im Diplotän der Prophase der ersten Reifeteilung arretiert. Man bezeichnet sie nun primäre Oozyten. (Woche 12 - 25).
Phase D:
Bildung von primordialen Follikeln (Woche 16 - 29).
Phase E:
Fortschreitende Atresie von Follikeln ab der 16. Woche.
Zwischen 300'000 und 2 Mio. primordiale Follikel verbleiben bis zur Geburt und davon entwickeln sich zwischen Pubertät und Menopause ca. 300 Primordialfollikel weiter, um eine befruchtungsfähige Oozyte hervorgehen zu lassen. Die Mehrzahl der Follikel geht also im Laufe ihrer Entwicklung zugrunde.
Zusammenfassung
Die Entwicklung des Ovars ist folgendermassen charakterisiert:
- Die Beibehaltung der Proliferationsvermögens des Zölomepithels
- Gonadenstränge bleiben nur in der Nähe des Kortex erhalten, in der Medulla bilden sie sich zurück. Das Rete ovarii ist nur rudimentär entwickelt. Seine Zellen stammen wahrscheinlich aus dem Mesonephros, aber eine Verbindung zwischen Rete testis und Mesonephros kommt nie zustande.
- Die kortikalen Gonadenstränge, die sich absondern, um isolierte Zellhaufen rund um die Oozyten und so die primordialen Follikel zu bilden.
- Zölomepithel, aus welchem ein einfaches kubisches Ovarepithel entsteht.