Modul
22
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Einführung

Im Laufe der Evolution von den niederen zu den höheren Vertebraten nimmt die Entwicklung des Telencephalons an Bedeutung zu während der Hirnstamm keine tiefgreifenden phylogenetisch bedingten Veränderungen erfährt. Die mächtige Entwicklung der Grosshirnhemisphären beim menschlichen Embryo resümiert dabei gewissermassen die Phylogenese.
Die Hemisphären dehnen sich seitlich und nach caudal aus und überdecken dabei das Diencephalon, den dorsalen Teil des Mesencephalons und einen Teil des Metencephalons. Die künftigen Hemisphären bleiben jedoch zeitlebens durch die Fissura longitudinalis cerebri voneinander getrennt.

Seitlich am Telencephalon entstehen die beiden Grosshirnbläschen während die median gelegene Lamina terminalis den rostralen Abschluss des Neuralrohres am Ort des früheren Neuroporus anterior (Stadium 11) bildet. Im Gegensatz zu den Hemisphärenbläschen entwickelt sich die Lamina terminalis nur unwesentlich weiter. Die Ausdehnungen des Hohlraumsystems in die Hemisphärenbläschen entwickeln sich zu den Seitenventrikeln, welche über die Foramina interventricularia (Foramina Monroi) mit dem III. Ventrikel in Verbindung stehen

Abb. 88 - Schematische Darstellung der Umwachsung des Diencephalons durch die Hemisphärenbläschen
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Legende
Abb. 88

Im oberen Bild deutet die punktierte grüne Linie die Gegend an, welche später von den Hemisphärenbläschen überdeckt wird. Der grün gefärbte Bezirk in der unteren Abbildung entpricht den Verklebungsstellen zwischen. Telencephalon und Diencephalon

Aus dem Dach der Hemisphärenbläschen entsteht jederseits ein Hirnmantel, Pallium, während sich deren Boden, Subpallium zu den Ganglienhügeln (Stadium 15) verdickt. Aus diesen gehen später die inneren Kerngebiete einer jeden Hemisphäre hervor.

Mehr dazu
Niedere Säugetiere besitzen ein lissencephales Gehirn mit glatter Oberfläche. Höhere Säuger sind gyrencephal, da es bei ihnen zur Ausbildung von Furchen und Windungen an der Hirnoberfläche kommt.

Entsprechend der bleibenden Situation bei niederen Vertebraten (lissencephal) sind die Hemisphärenbläschen an ihrer Oberfläche zunächst glatt. Ab der 18. Woche kommt es jedoch zu einer Vergrösserung und Umfangsvermehrung des Palliums, welche zur typischen Ausbildung von Hirnwindungen, Gyri und Furchen, Sulci führt. Nach Abschluss dieses Prozesses liegen etwa zwei Drittel der Hirnoberfläche in der Tiefe der Furchen verborgen.

Zunächst dehnen sich die Grosshirnbläschen nach dorsal aus, danach biegen sie nach caudal um und wenden sich dann bogenförmig über ventral nach rostral. Die Grosshirnhemisphären weisen damit eine nach rostroventral geöffnete hufeisenförmige Krümmung auf. Im Bereiche des Drehpunktes bleibt ein Gebiet, die Insula, in seinem Wachstum zurück und wird dadurch in die Tiefe verlagert. Dementsprechend kommt der Sulcus lateralis (Sulcus Sylvii) über diesen Lobus insularis zu liegen. Vom Sulcus lateralis ausgehend lassen sich vier Hirnlappen unterscheiden: die Lobi frontalis, parietalis, temporalis und occipitalis. Ab dem 6. Monat zeichnen sich allmählich der Sulcus centralis (Rolandi) und der Sulcus parietooccipitalis als Grenzen zwischen den entsprechenden Lobi ab.

Abb. 89a - Entwicklung der Grosshirnbläschen
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Abb. 89b - Entwicklung der Grosshirnbläschen
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Legende
Abb. 89a

Beachte das bogenförmige Wachstum (weisser Pfeil) der Hemisphäre, welche dadurch die Form eines nach rostroventral geöffneten Hufeisens annimmt. Das im Bereiche des Drehpunkts gelegene Gebiet bleibt bezüglich seiner Umfangsvermehrung zurück und wird deshalb in der Tiefe verdeckt. Beachte ebenso das allmähliche Auftreten der Furchen und Windungen sowie das Verschwinden des Hirnstamms unter den sich ausbreitenden Hemisphären.

Abb. 89b
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  1. Insula
  2. Lobus temporalis im Wachstum
  3. Sulcus lateralis
  4. Sulcus centralis
  5. Sulcus parietooccipitalis

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A
Lobus frontalis
B
Lobus parietalis
C
Lobus temporalis
D
Lobus occipitalis

 
Video

Animierte Filmsequenz welche mit Modelliermasse die Umformungsprozesse des ZNS in den Stadien 10 – 23 veranschaulicht (ca. 27. bis 56. Tag).

Animierte Filmsequenz welche mit Modelliermasse die Umformungsprozesse während der Fetalphase veranschaulicht (3. bis 9. Monat).