Modul
22
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Einführung

Das Mesencephalon stellt den vordersten Teil des Stammhirnes dar und ist das morphologisch am einfachsten gebaute Hirnbläschen. Es bildet die grundsätzlich röhrenförmige Fortsetzung des Rhombencephalons nach rostral. Seine Wand besteht aus zentral gelegener grauer Substanz (Flügelplatte und Grundplatte) sowie aus peripher sich anschliessender weisser Substanz (Marginalzone). Der zentrale Hohlraum ist ursprünglich weit angelegt, wird im Laufe der Entwicklung jedoch zu einem engen Kanal, dem Aquäductus mesencephali s. Sylvii eingeengt. Dieser verbindet den III. Ventrikel des Diencephalons mit dem IV. Ventrikel des Rhombencephalons. Im Gegensatz zum Rhombencephalon kommt es zu keiner Erweiterung und Auseinanderfaltung der Seitenwände. Zudem stellt das Mesencephalon das einzige Hirnbläschen dar, welches keine weitere Unterteilung erfährt.

Abb. 70 - Seitenansicht des ZNS im Fünfbläschenstadium um den 38. Tag
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Abb. 71 - Querschnitt durch das Mesencephalon um die 6. Woche
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  1. Flügelplatte
  2. Grundplatte
  3. Neuroepithel (prospektives Ependym)
  4. Hohlraum des Mesencephalons (prospektiver Aquäductus mesencephali)
  5. III. Hirnnerv

Legende
Abb. 70, 71 Abb. 71

In diesem Stadium ähnelt das Mesencephalon in seiner röhrenförmigen Grundgestalt noch dem Rückenmark. Der Hohlraum ist weit und von den Neuroblasten der Flügelplatte und der Grundplatte umgeben. Beachte die ventrale Austrittsstelle des III. Hirnnerven (N. oculomotorius) nahe der Medianebene.

Entwicklung des Bodens: Grundplatte und Hirnstiele

Ab dem Stadium 13 bilden die Neuroblasten der Grundplatte zwei Gruppen somatoefferenter (motorischer) Kerngebiete für die Hirnnerven III (N. oculomotorius) und IV (N. trochlearis). Diese sind an der Versorgung der äusseren Augenmuskeln beteiligt. Beachte, dass der IV. Hirnnerv als einziger das Stammhirn dorsal verlässt.

Vom Kerngebiet Edinger-Westphal (Nucl. accessorius n. III) geht die parasympathische Versorgung der inneren Augenmuskulatur aus (M. constrictor pupillae und M. ciliaris)

Nach wie vor umstritten ist die Herkunft der Neuroblasten, welche den Nucleus ruber sowie die Substantia nigra bilden. Zur Diskussion stehen eine Auswanderung aus den Flügelplatten oder aus den Grundplatten.

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Bei Nucleus ruber und Substantia nigra handelt es sich um subcorticale Zentren der Extrapyramidalmotorik.

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Die Marginalzone schliesslich verdickt sich ventral unter Bildung der Hirnstiele (Crura cerebri). Diese bestehen aus Nervenfasern, welche von der Grosshirnrinde zu tiefer liegenden Zentren absteigen.

Abb. 72 - Seitenansicht des ZNS im Fünfbläschenstadium um die 8. Woche
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Abb. 73 - Querschnitt durch das Mesencephalon um die 11. Woche
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  1. Flügelplatte
  2. Kerngebiete der Vierhügelplatte
    (Lamina quadrigemina, Tectum)
  3. Grundplatte
  4. Substantia nigra (Locus niger)
  5. Hirnstiel (Crus cerebri)
  6. Nucleus ruber
  7. Aquäductus mesencephali (Sylvii)

Abb. 74 - Querschnitt durch das Mesencephalon um die 14. Woche
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  1. Nucl. mesencephalicus
  2. Kerngebiete der Vierhügelplatte
    (Lamina quadrigemina, Tectum)
  3. Somatoefferente Kerngebiete der Hirnnerven III und IV
  4. Substantia nigra (Locus niger)
  5. Hirnstiel (Crus cerebri)
  6. Nucleus ruber
  7. Aquäductus mesencephali
  8. Visceromotorisches Kerngebiet des III. Hirnnerven (Edinger-Westphal)

Legende
Abb. 73

Neuroblasten aus den Flügelplatten wandern nach dorsal in das Dach des Mesencephalons aus. Die Herkunft der Neuroblasten, welche Nucl. ruber und Substantia nigra bilden ist nach wie vor umstritten.

Abb. 74

In diesem Stadium bilden die Flügelplatten bereits das Tectum (Vierhügelplatte). Auf Höhe der Grundplatten verdickt sich die Marginalzone zu den Hirnstielen. Der ursprünglich weite Hohlraum wird zusehends eingeengt, bis nur noch ein enger Kanal übrig bleibt.

Entwicklung des Dachs: Flügelplatte und Vierhügelplatte (Tectum)

Die vier Hügel des Tectums entstehen durch Einwanderung von Neuroblasten aus den Flügelplatten. Diese Nervenzellen verlagern sich in den medianen Abschnitt des Dachs und bilden dort zunächst zwei längs verlaufende Erhebungen, welche durch einen medianen Sulcus voneinander getrennt sind. Eine später entstehende, quer verlaufende Rinne untergliedert die beiden Stränge zusätzlich, so dass die vier Hügel des Tectums entstehen, die Colliculi rostrales und die Colliculi caudales. An die Vierhügelplatte schliessen sich seitlich die Kniehöcker des Diencephalons an, das Corpus geniculatum mediale und das Corpus geniculatum laterale

Die Kerngebiete der Colliculi rostrales erhalten Informationen von der Retina des Auges. Die vorderen Hügel stehen denn auch im Dienste der Steuerung optischer Reflexe. Demgegenüber stellen die Colliculi caudales Schaltstellen der Hörbahn dar, die sich an der Kontrolle auditiver Reflexe beteiligen. Bei niederen Vertebraten kommt der Vierhügelplatte die Aufgabe einer weitgehenden Verarbeitung optischer und akustischer Informationen zu. Bei höheren Säugern mit ausgeprägter Sehrinde und Hörrinde obliegt dem Tectum dagegen nur noch die Steuerung entsprechender unbewusster reflektorischer Abläufe.

Synopsis der Entwicklung des Mesencephalons

Das Mesencephalon stellt den vordersten Teil des Stammhirns und das morphologisch unscheinbarste Hirnbläschen dar. Es ist das einzige, welches nicht weiter in sekundäre Bläschen untergliedert wird. Dieser ursprünglich röhrenförmige Hirnabschnitt mit weitem Lumen erfährt eine Verdickung seiner Wand auf Kosten der Lichtung, die dadurch allmählich auf einen engen Kanal eingeengt wird, den Aquäductus mesencephali

  • Aus dem dorsalen Teil, dem Dach, entwickelt sich die Vierhügelplatte mit den Colliculi rostrales und caudales. Diese gehen seitlich in die Kniehöcker des Diencephalons, Corpus geniculatum laterale und mediale über. Bei höheren Säugern steht das Tectum im Dienste der reflektorischen Beantwortung optischer und akustischer Reize
  • Der ventrale Teil, Boden, umfasst die somatomotorischen Kerngebiete des III. und IV. Hirnnerven sowie das visceralmotorische (parasympathische) Kerngebiet des III. Hirnnerven. Ob die Neuroblasten, welche Nucleus ruber und Substantia nigra bilden, der Grundplatte oder der Flügelplatte entstammen, bleibt nach wie vor umstritten.
  • Die Marginalzone schliesslich verdickt sich zu den Hirnstielen, Crura cerebri. Es handelt sich dabei um eine Ansammlung von Fasern, welche von der Grosshirnrinde am Mesencephalon vorbei zu untergeordneten Zentren ziehen.