Modul
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Pathologie des Kopfdarmes

Im Bereich des Kopfdarmes stehen vor allem die Missbildungen im Zusammenhang mit den Pharyngealbögen, -furchen sowie Schlundtaschen im Vordergrund. Wegen der Komplexität der Formänderung in diesem Bereich gibt es eine grosse Anzahl von Missbildungen, auf die in diesem Rahmen nicht detailliert eingegangen werden kann.

Verbunden mit den Pharyngealbögen sind Hypoplasien vor allem im Bereich des ersten Mandibularbogens. Zysten und Fisteln resultieren u.a. aus persistierenden Pharyngealtaschen. Ektopisches Drüsengewebe der Thyroidea, des Thymus oder der Parathyroidea erklärt sich aus verbleibenden Gewebsreste entlang ihres Deszensus. Fehlbildungen können aber auch aus das Resultat von Störungen der Wanderung oder Entwicklung des Neuralleistengewebes in diesem Gebiet sein.

 

Halsfisteln, -zysten und -sinus

Diese Gruppe von Malformationen kann direkt aus persistierenden Pharyngealtaschen oder längsverlaufenden Halsfurchen abgeleitet werden.

Zysten sind geschlossene Hölen mit epithelialer Auskleidung. Sinus sind Hohlräume, die gegen aussen oder den Pharynx offen bleiben und Fisteln Verbindungen zwischen Pharynx und der Oberfläche des Halses.

Abb. 43 - Häufige Lokalisation von Halszysten, -fisteln und -sinus
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  1. M. sternocleidomastoideus

Legende
Abb. 43

Häufiges Vorkommen von lateralen Halszysten, -sinus und –fisteln. Die römischen Nummern geben die entsprechende Pharyngealfurche an.

Pierre Robin Syndrom (PRS)

Diese Missbildung vereinigt eine extreme Mikrognathie, meist Gaumenspalten und Missbildungen des Ohres. Oft besteht eine relative Makroglossie (im Verhältnis zum sehr kleinen Unterkiefer), was zur Beeinträchtigung der Atmungswege führen kann, weil die Zunge die Tendenz hat, nach hinten in den Rachen zu fallen.

Meist tritt das PRS nicht isoliert auf, sondern ist mit anderen Missbildungen (Cardiopathie, Collagenopathie) assoziiert.

 

Persistierender Ductus thyreoglossus

Beim Deszensus der Thyroidea können viele Störungen auftreten. Man kann ektopische Thyroideagewebe auf der ganzen Strecke vom Foramen caecum bis zu Isthmus der normalen Thyroidea unterhalb des Kehlkopfes finden.

Abb. 44 - Häufige Lokalisation von Gewebsresten der Thyroidea
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  1. Zunge
  2. Foramen caecum
  3. Epiglottis
  4. Cartilago hyoideum
  5. Cartilago thyroideum
  6. Thyroidea
  7. Ductus thyreoglossus

Legende
Abb. 44

Durch den Deszensus der Thyroidea vom Zungengrund aus können Reste von Thyroideagewebe auf der ganzen Strecke des Ductus thyreoglossus auftreten.

CATCH 22-Syndrom

Das CATCH 22-Syndrom ist ein Entwicklungsdefekt der 3. und 4. Schlundtasche. Die aus der gestörten Entwicklung dieser embryonalen Strukturen resultierenden Symptome sind Hypo- oder Aplasie des Thymus mit T-Zelldefekt und Immunschwäche, Hypoplasie der Parathyroidea mit Hypokalzämie und tetanischen Krämpfen, Herzfehler (überwiegend conotruncale Defekte) und charakteristische faziale Dysmorphien (Hypertelorismus, kurze Lidachsen, Epikanthus, breite, kurze Nase mit evertierter Nasenbodenebene, kurzes Philtrum, kleiner gespitzter Mund, Mikroretrognathie, tiefsitzende, dysmorphe Ohren mit vergrössertem anteroposteriorem Durchmesser).

Das CATCH 22-Syndrom ist ein Krankheitsbild mit einer hohen phänotypischen Variabilität, bei dem neben dem häufig letalen Vollbild der Erkrankung mit T-Zell-Immundefekt und Herzfehler auch mildere Verlaufsformen mit nur partieller und/oder transienter Immunschwäche vorkommen können. Es bestehen Phänotypüberlappungen mit dem velokardiofazialen Syndrom, dem die gleiche Mutation zugrunde liegt.

 

Ausbleibender Deszensus von Derivaten der Schlundtaschen

Auch die Parathyroidea und der Thymus können an ektopischer Stelle als Gewebsreste zurückbleiben, weil sie während ihrer Entwicklung eine beträchtliche Migration vollziehen. Typischerweise sind diese Gewebsreste meist nicht mit funktionellen Störungen verbunden.