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Begriffsbestimmung

Der Begriff Embryotransfer (ET) bezeichnet eine Reproduktionstechnik, bei der Embryonen aus dem Uterus von sogenannten Spendertieren gewonnen und auf ein oder mehrere Empfängertiere übertragen werden. Die Empfängertiere tragen die Embryonen aus und bringen die Früchte zur Welt.

Entwicklung und Indikationen

Je nach Tierart gibt es verschiedene Indikationen für die Durchführung eines Embryotransfers. Im Allgemeinen geht es darum, von genetisch besonders wertvollen weiblichen Tieren mehr Nachkommen pro Jahr zu erzeugen, als dies natürlicherweise möglich ist.
Die Technik kann auch angewendet werden, um von Tieren, die alters- oder krankheitsbedingt nicht mehr in der Lage sind, ein Jungtier auszutragen und zu gebären, Embryonen zu gewinnen und zu transferieren. Beim Pferd geht es ausserdem darum, mit sportlich erfolgreichen Stuten züchten zu können, ohne sie wegen der Trächtigkeit aus dem Sport abziehen zu müssen.

Die Entwicklung des Embryotransfers hat bei allen domestizierten Spezies zu einer Intensivierung der Erforschung von Embryonalentwicklung und Trächtigkeit geführt. Darüberhinaus werden Embryonenbanken angelegt zur Erhaltung bedrohter Arten. In der Schweinezucht spielt die Seuchenprophylaxe eine grosse Rolle. Der ET ermöglicht hier das Schaffen erregerfreier Herden, wobei die genetische Variabilität einer Herde auch ohne Import lebender Tiere hoch gehalten werden kann.

In Europa hat sich der kommerzielle Einsatz von ET nur beim Rind wirklich durchgesetzt, in der Pferdezucht findet er im Gegensatz zu Süd- und Nordamerika (noch) begrenzten, aber zunehmenden Einsatz. Bei Hunden und Katzen hat der Embryotransfer keine praktische Bedeutung erlangt.

Vorteile / Nachteile

Bei Tierarten mit nur einem Nachkommen pro Trächtigkeit schafft der Embryotransfer eine Möglichkeit, von einem Muttertier wesentlich mehr Nachkommen zu erzeugen, als dies bei natürlicher Fortpflanzung möglich wäre. Damit werden eine schnellere Nachzuchtprüfung und eine Verkürzung des Generationenintervalls erreicht. Darüber hinaus ist das Importieren von neuer Genetik deutlich vereinfacht worden, da dank ET auf Lebendimport verzichtet werden kann. Wie bei der künstlichen Besamung kann auch der ET einen Beitrag zur Seuchenhygiene leisten.

Nachteilig wirkt sich aus, dass bei unsorgfältiger Auswahl der Spendertiere unerwünschte Merkmale der Tiere (z.B. ungenügende Klauengesundheit) verbreitet werden. Vor allem besteht die Versuchung der Weiterzucht mittels ET bei Tieren mit ungenügender Fruchtbarkeit. Die hohen Kosten beim Embryotransfer garantieren neben den Nachteilen auch den Vorteil der positiven Selektion, da es sich nur lohnt, mit den allerbesten Tieren zu züchten. Als Beispiel dafür dient folgende Faustregel aus der Rinderzucht: Für einen Embryotransfer kommt aus Kostengründen nur eine Kuh als Spenderkuh in Frage, wenn ihr Kalb mindestens 600 Franken mehr Wert hat als ein Durchschnittskalb.

Voraussetzungen

Ein erfolgreicher ET setzt nebst den notwendigen theoretischen und praktischen Kenntnissen und den technischen Einrichtungen insbesondere die Verfügbarkeit geeigneter Spender- und Empfängertiere voraus. Diese müssen vollständig gesund sein. Zudem ist beim Rind auf einen normalen Geburtsablauf, einen regelmässigen Brunstzyklus, sehr gute Fruchtbarkeit, gesunde Gliedmassen und einen funktionierenden Stoffwechsel zu achten. Beim Pferd wird neben der allgemeinen Gesundheit ebenfalls auf eine physiologische Ovaraktivität und nicht krankhaft veränderte Uterusfunktion Wert gelegt.

Auch das Empfängertier muss bei guter Gesundheit sein. Beim Rind werden von Vorteil noch nie besamte oder belegte Rinder eingesetzt, da deren Fruchtbarkeitswerte höher liegen als bei Kühen. Bei Pferden werden vorzugsweise charakterlich einwandfreie junge Maidenstuten oder erfahrene Mutterstuten im Alter bis maximal 10 Jahre eingesetzt.

Ablauf

Unipare Spezies werden vor den Besamungen hormonell behandelt, damit mehrere Follikel zur Ovulation gelangen. Einige Tage nach den Besamungen werden die Embryonen je nach Spezies entweder durch eine Gebärmutterspülung oder über eine Laparatomie entnommen. Nach einer Beurteilung hinsichtlich Qualität und Entwicklungsstadium der Embryonen können diese entweder direkt auf eine Empfängerin übertragen oder konserviert werden. Zur Konservierung können die Embryonen eine kurze Zeit kühl gelagert oder aber für unbefristete Zeit tiefgefroren werden.

Die gewonnenen Embryonen werden in den Uterus des Empfängertieres übertragen. Die Übertragung kann transcervikal oder durch Laparatomie erfolgen.

Abb. 34 - Embryotransfer Übersicht
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Legende
Abb. 34

Vorgehen beim Embryotransfer. Bei den Spendertieren wird hormonell eine Superovultion herbeigeführt. Nach der Besamung werden die Embryonen entnommen und auf Empfängertiere überbraten, deren Zyklus abgestimmt (synchronisiert) wurde.