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Spermasexing

Einleitung

Schon lange regte sich in der Tierzucht der Wunsch, das Geschlecht der Nachkommen bestimmen zu können. Doch erst 1989 gelang mittels der flowzytometrischen Technik die erfolgreiche Trennung von weiblichen und männlichen Spermien bei Kaninchen und Schweinen. 4 Jahre später wurde die Technik auch beim Rind mit Erfolg eingesetzt.
Da die Nachfrage nach weiblichen Nachkommen in der Milchrinderzucht und diejenige nach männlichen Tieren in der Mastrinderzucht stetig steigt, wurde eine marktfähige Technik entwickelt, mit der Spermien „gesext“ werden können, also nach Geschlecht sortiert werden.

Ein weiterer Vorteil beim Einsatz von gesextem Sperma ist, dass die Nachzuchtprüfung von Stieren nur die Hälfte der Besamungen erfordert, da nur die weiblichen Nachkommen zum Resultat beitragen. Zusätzlich kann die Schwergeburtsrate positiv beeinflusst werden, da Kuhkälber in der Regel aufgrund ihrer geringeren Körpergrösse weniger Geburtsschwierigkeiten verursachen.

Auch beim Pferd wurden schon Besamungen mit gesextem Sperma durchgeführt. Limitierende Faktoren wie Probleme mit der Samenhaltbarkeit und der endoskopischen Übertragung verhindern aber den Vormarsch des Spermasexing in der Pferdezucht.

 

Technik Durchflusszytometrie

Die biologische Voraussetzung der Flowzytometrie (Durchflusszytometrie) besteht darin, dass das Geschlecht der Nachkommen durch das Spermium bestimmt wird, das die Eizelle befruchtet (genetische Geschlechtsdeterminierung). Dieses Spermium besitzt entweder ein Y-Chromosom (es entwickelt sich ein Stierkalb) oder ein X-Chromosom (es entwickelt sich ein Kuhkalb). X-Spermien von Rindern enthalten ungefähr 3.8% mehr Gesamt-DNA als Y-Spermien. Bei Mäusen ist der Unterschied mit 7.5% am grössten. Bei Pferden beträgt er 4%, bei Schweinen 3.6%. Dieser Mengenunterschied stellt die Basis für das Spermasexing dar.

Das frisch gewonnene Ejakulat wird sehr stark verdünnt und mit einem Fluoreszenzfarbstoff versetzt. Dieser färbt die DNA eines Spermiums an. Je höher der DNA-Gehalt des Spermiums, desto mehr Farbstoff wird gebunden. Das verdünnte Ejakulat wird mit hohem Druck durch eine feine Düse getrieben, in der es durch einen Oszillator in einzelne Tröpfchen zerstäubt wird. Durch die starke Verdünnung sollte sich in einem Tropfen nicht mehr als ein Spermium befinden.
Ein Laser regt den Farbstoff an und die Lichtintensität wird gemessen (X leuchtet stärker als Y). Die spermienhaltigen Tröpfchen werden kurz vor dem Ablösen entsprechend der Signalintensität (stark = Spermium mit X-Chromosom, schwach = Spermium mit Y-Chromosom) mit einer elektrischen Ladung versehen (positiv oder negativ). Im nachfolgend eingebauten elektrischen Feld werden die Tröpfchen aufgrund ihrer elektrischen Ladung abgelenkt und in verschiedenen Gefässen aufgefangen. Die aufgefangenen Spermien können nun getrennt abgefüllt und weiterverarbeitet werden.

Abb. 14 - Sexing
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  1. Mit Fluoreszenzfarbstoff versetztes
    Sperma: X-Chromosom enthält
    mehr Farbstoff
  2. Beschleunigungsfeld mit Oszillator.
    Es entstehen feine Tröpfchen mit
    je einem Spermium.
  3. Laserbestrahlung: Anregung des
    Farbstoffs und Messung der
    Lichtintensität
  4. Je nach Farbintensität werden die
    Spermien mit elektrischer Ladung
    versehen (+/-)
  5. Sortieren der Spermien durch
    Auslenkung im elektrischen Feld
  6. Spermien mit X-Chromosom
  7. Tropfen ohne Spermien
  8. Spermien mit Y-Chromosom

Legende
Abb. 14

Prinzip der Auftrennung von Spermien aufgrund der Gonosomen mittels Durchflusszytometrie.

Limitierende Faktoren

Die Effizienz der Maschinen ist der limitierende Faktor in der Herstellung von gesextem Sperma (siehe oben Abb. 14) Pro Stunde können lediglich sieben bis zehn Dosen für den Einsatz beim Rind produziert werden. Deshalb werden pro Paillette nicht wie beim normalen Sperma 15 Millionen, sondern nur 2 Millionen Spermien abgefüllt. Dies beschränkt den Einsatz von gesexten Spermien auf Tiere mit einer guten Fruchtbarkeit, vorzugsweise auf Rinder mit natürlicher Brunst.

Die Trefferquote (Anteil weiblicher Nachkommen) bewegt sich im Rahmen von 90%. Der Besamungserfolg mit gesextem Sperma liegt beim Rind bei etwa 55%. Im Vergleich dazu erreicht man mit ungesextem Sperma Trächtigkeitsraten von 65%. Die Serviceperiode wird leicht verlängert und die Kosten für gesexte Spermien sind höher. Wird gesexter Samen bei wertvollen, gesunden Tieren mit guter Fruchtbarkeit eingesetzt, kann ein wirtschaftlicher Vorteil erzielt werden. Beim Einsatz von gesextem Samen in einem Betrieb mit ungenügender Fruchtbarkeit hingegen steigen die Kosten überproportional an.