Einleitung
In den letzten zwanzig Jahren hat die künstliche Besamung beim Schwein eine sprunghafte Entwicklung durchgemacht, der Einsatz hat sich vervierfacht. Wurden 1995 schweizweit ungefähr 110‘000 Zuchtsauen besamt, waren es 2015 schon 80% aller Sauen. Schweinebesamungen dürfen als sogenannte Eigenbestandbesamungen durch die Tierbesitzer oder deren Mitarbeiter nach einem 2-tägigen Kurs selber durchgeführt werden. Dies mindert einerseits die Kosten und andererseits das Hygienerisiko, da keine betriebsfremde Person den Stall betreten muss. Das Sperma wird in der Eberstation gewonnen, verarbeitet und nach Bestellung am selben Tag ausgeliefert, da beim Schwein hauptsächlich flüssigkonserviertes Sperma übertragen wird.
Dem Vorteil der Seuchenprophylaxe kommt beim Schwein grösste Bedeutung zu. Durch die Einführung der künstlichen Besamung konnten viele Krankheitsübertragungen (z.B. Aujeszkysche Krankheit, Klassische Schweinepest, Brucellose) verhindert werden.
Gewinnung
Die Absamung findet in einem separaten Raum mit einem Phantom statt. Prinzipiell besteht die Möglichkeit, eine brünstige Sau als Sprungpartner einzusetzen, falls ein Eber das Phantom auch nach mehrmaligem Training nicht akzeptiert. In Europa wird dieses Vorgehen aber äusserst selten praktiziert.
Empirisch wurde festgestellt, dass erfahrene Eber am besten dreimal in zwei Wochen abgesamt werden, im Abstand von mindestens 3 Tagen. Eber produzieren so zwar sehr viele Spermienzellen pro Ejakulat (20-65 Milliarden), aufgrund der Erforderlichkeit grosser Spermienzahlen pro Besamung (3-6 Milliarden) resultieren schlussendlich aber „nur“ ungefähr 50 Besamungsdosen pro Woche.
Unmittelbar nach der Absamung wird das Sperma ins Labor verbracht und dort nach den üblichen Kriterien untersucht.
Handmethode
Verschiedene Methoden zur Spermagewinnung sind beim Schwein bekannt. Die am meisten angewendete Methode ist die sogenannte Handmethode, bei der der Eber durch Druck auf die Penisspitze zur Ejakulation gebracht wird. Damit wird die beim natürlichen Paarungsakt auftretende Stimulation des Penis durch die Cervix manuell nachgeahmt. Das Vorsekret wird in der Regel nicht aufgefangen, da es stark keimbelastet ist. Die darauf folgende Ejakulation kann bis zu 15 Minuten dauern und beinhaltet eine spermienreiche und eine spermienarme Fraktion, die in einer ersten und in einer zweiten Hauptphase austreten.
Aufgrund der langen Zeitdauer von bis zu 15 Minuten ist es wichtig, das Auffanggerät gut zu isolieren, so dass das Sperma nicht zu stark abkühlt. In der zweiten Hälfte der Ejakulation wird ein visköses, flockenähnliches Bulbourethraldrüsensekret abgegeben. Es wird mit einem Filter im Auffanggefäss abgefangen und nicht für die Weiterverarbeitung verwendet.
Seit einiger Zeit besteht die Möglichkeit der Spermagewinnung mit einem eigens dafür entwickelten Automaten. Dazu wird der Penis in einer Manschette fixiert und der enge Zervixverschluss mechanisch oder durch elektronisch gesteuerte Kompression simuliert. Die Fraktionen werden über ein Trichtersystem ohne manuelles Eingreifen einzeln aufgefangen. Dabei können mehrere Eber zur gleichen Zeit von nur einer Person abgesamt werden und ein standardisiertes Vorgehen wäre mit dieser Methode gegeben.
Künstliche Vagina
Eine weitere Methode besteht in der Gewinnung von Ebersperma mit einer künstlichen Vagina. Diese ist meist im Phantom eingebaut, so dass der Deckakt des Ebers nicht unterbrochen werden muss. Nachteilig ist, dass das Bulbourethralsekret und das Vorsekret schlecht von den erwünschten Fraktionen zu trennen sind. Diese Methode wird nur selten angewandt.