Vogel - Embryonalhüllen

Allgemein

Die Ausgangssituation zur Ausbildung der Embryonalhüllen ist folgende: Die dreiblättrige Keimscheibe, bestehend aus Ektoderm, Mesoderm und Entoderm liegt oben an der Dotterkugel, aber durch die Subgerminalhöhle von den Dottergranula getrennt. Die extraembryonalen Anteile von Ektoderm und Entoderm, die den Dottergranula direkt aufliegen, umwachsen die Dotterkugel und vereinigen sich schlussendlich am abembryonalen Pol. Das Mesoderm, das sich zwischen Ektoderm und Entoderm ebenfalls rund um die Dotterkugel ausbreitet, folgt mit zeitlicher Verzögerung. Diese extraembryonalen Anteile bilden die Anlage der Embryonalhüllen. Aus dem Entoderm und Mesoderm bildet sich der Dottersack, Ektoderm und Mesoderm bilden einerseits das Amnion, andererseits das Chorion. Letzteres verwächst mit der Allantois zum Allantochorion. Durch Vaskularisierungen entstehen ausserdem der Dottersackkreislauf und der Allantoiskreislauf.

Abb. 47 - Fruchthüllen des Vogelembryos
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  1. Kalkschale
  2. Chorion
  3. Amnion
  4. Allantois
  5. Dottersack
  6. Ductus omphaloentericus
  7. Albumen (Eiweissack)
  8. Ductus sacci albuminis

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Abb. 47

Schematische Darstellung der Fruchthüllen des Vogelembryos im Schnitttbild.

Amnion

Um die Keimscheibe bildet sich nun eine deutliche Grenzfurche, die embryonale und extraembryonale Anteile voneinander trennt. Auf der extraembryonalen Seite entsteht gegensätzlich zur Grenzfurche eine ektodermale Grenzfalte, die hüllenartig von kranial nach kaudal um und über den Embryo auswächst ). Das Amnion bildet sich also beim Vogel wie bei unseren Haussäugetieren als Faltamnion aus, im Gegensatz zum Menschen, wo es als Spaltamnion entsteht (siehe Eihäute - Amnion).

Abb. 48 - Amnionbildung beim Vogel
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  1. Grenzfalte
  2. Grenzfurche
  3. Entstehende Amnionblase
  4. Dottersack
  5. Entstehende Allantois
  6. Eiweiss

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Abb. 48

Bildung des Faltamnions beim Vogel.

Die Amnionfalten verschmelzen über dem Embryo schrittweise von kranial nach kaudal und bilden eine Verschmelzungsnaht in sagittaler Richtung. Am kaudalen Ende verschmelzen nur die mesodermalen Anteile, dort bildet sich der Amnionnabel (sero-amniotische Platte). Er reisst um den 11. Tag ein, so dass eine Kommunikation zwischen dem Amnion und dem anliegenden Eiweisssack entsteht (Ductus sacci albuminis).

Das innere Blatt der Falte wird zur Amnionwand, das äussere Blatt ins Chorion integriert. Zwischen die beiden Blätter wächst das Mesoderm ein, welches in der Amnionwand Muskelfasern bildet, die ab dem fünften Bebrütungstag durch Kontraktionen für die Bewegung der Amnionflüssigkeit sorgen. Die Amnionflüssigkeit schliesst den Embryo vollständig von der Umgebung ab und bietet ihm neben mechanischem Schutz auch die Bewegungsfreiheit für die Entwicklung von Muskeln und Gelenken. Die Amnionflüssigkeit wird durch das Amnionepithel produziert.

Abb. 49 - Hühnerembryo mit Fruchthüllen
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  1. Amnion
  2. Allantois

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Abb. 49

Explantierter Hühnerembryo mit Fruchthüllen.

Dottersack

Das Entoderm, die durch Delamination entstandene, unterste Schicht der Keimscheibe, wächst weiter nach lateral um die Dotterkugel aus, trifft am vegetativen Pol zusammen und schliesst sich also zum Dottersack. Aus dem Entoderm entwickeln sich der Dottersack und das primitive Darmrohr. Die Allantois wiederum stülpt sich aus dem hinteren Teil des Darmrohrs aus und ist folglich auch entodermalen Ursprungs.

Bei den Umgestaltungsvorgängen und der Abfaltung des Embryos in der Längsachse werden die embryonalen Anteile des Entoderms zur Darmrinne, aus der durch ihren beidseitigen Schluss das primitive Darmrohr entsteht. Dabei wird auch die Subgerminalhöhle, die sich zwischen embryonalem Entoderm und Eidotter befindet, in den Embryo einverleibt und somit zum Darmlumen.

Das extraembryonale Entoderm bildet den Dottersack. Über den Dottersackstiel, der hinter dem Wachstum des Embryos zurückbleibt, bleiben die beiden Anteile stets in Verbindung (Ductus omphaloentericus).

Abb. 50 - Fruchthüllen des Vogelembryos
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  1. Kalkschale
  2. Chorion
  3. Amnion
  4. Allantois
  5. Dottersack
  6. Ductus omphaloentericus
  7. Albumen (Eiweissack)
  8. Ductus sacci albuminis

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Abb. 50

Schematische Darstellung der Fruchthüllen des Vogelembryos im Schnitttbild.

Noch vor dem Schluss des Dottersackes entstehen im mesodermalen Anteil der Dottersackwand Blutinseln (ab dem 2. Bebrütungstag). Das extraembryonale Mesoderm hat sich bis zu dieser Zeit aufgespalten und bildet zwischen ihren beiden Blättern die Cöelomhöhle. Das innere, viszerale Blatt, beteiligt sich nun mit dem Entoderm an der Dottersackwand und vaskularisiert diese.

Aus den Blutinseln werden Gefässe, die sich zu einem Netz von Anastomosen um die Keimscheibe ausbilden. Das Randgefäss, der Sinus terminalis, verlagert sich, bis es den abembryonalen Pol etwa am siebten Bebrütungstag erreicht. Die Anastomosen fliessen in den Venae vitellinae zusammen und finden Anschluss an den Sinus venosus des embryonalen Herzens. Über die Aa. vitellinae verlässt das Blut den Embryo und wird in das Kapillargebiet des Dottersacks zurückgebracht.

Abb. 51 - Dottersackkreislauf eines Hühnerembryos
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Abb. 51

Explantierter Hühnerembryo mit Dottersackkreislauf.

Bereits am zweiten Bebrütungstag beginnt das embryonale Herz zu schlagen, womit auch der Dottersackkreislauf funktionell wird. Durch diesen wird der Embryo mit Nährstoffen aus den Dottergranula versorgt. In der Dottersackwand bilden sich gefässführende Falten aus, die die Resorption des Dotters erleichtern.
Durch den Verbrauch von Dotter wird der Dottersack allmählich kleiner. Vermutlich kann der Embryo in der zweiten Bebrütungshälfte Dotterzellen auch direkt über den Dottersackstiel aufnehmen, und diese im Darm enzymatisch abbauen. Zwei Tage vor dem Schlüpfen wird der Dottersack in den Abdominalraum eingezogen und sein Inhalt während den ersten Lebenstagen aufgebraucht. Am Jejunum bleibt das Relikt des Dottersacks als Meckelsches Divertikel vorübergehend erhalten.

 

Allantois

Am dritten Bebrütungstag erscheint die Allantois als kleines Divertikel im Leibesnabel. Die Allantois ist eine Ausstülpung des Hinterdarms in das Exocoel, das bei der Spaltung des Mesoderms entstanden ist. Die Allantoiswand besteht folglich aus Entoderm und viszeralem Mesoderm, letzteres ist bereits vaskularisiert. Die Verbindung zwischen dem Hinterdarm und der Allantois bleibt über den Allantoisstiel im Nabelstrang bestehen.

Abb. 52 - Hühnerembryo mit beginnender Allantoisbildung
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  1. Allantois

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Abb. 52

Explantierter Hühnerembryo mit in Entstehung begriffener Allantois.

Abb. 53 - Hühnerembryo mit fortschreitender Allantoisbildung
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  1. Amnion
  2. Allantois

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Abb. 53

Explantierter Hühnerembryo mit Allantois in fortgeschrittenerem Stadium.

Die Allantois breitet sich innert Tagen im Exocoel aus, bis sie um den zehnten Tag das Chorion und das Amnion erreicht. Das Chorion ist nach der Abfaltung des Amnions aus dem Trophoblasten entstanden. Das bei der Spaltung des Mesoderms entstandene parietale Mesodermblatt lagert sich ans Chorion an. Dieses sekundäre Chorion liegt zwischen Exocoel und Eiweiss.

Allantois und Chorion verschmelzen zum Allantochorion. Das viszerale Mesodermblatt der Allantois vaskularisiert das bereits mit Zotten ausgestattete Chorion. Dadurch entsteht das tertiäre Chorion.  Ebenso verschmelzen Allantois und Amnion an ihren Berührungsstellen zum Allantoamnion, wodurch nun auch die Amnionwand vaskularisiert wird.

Ab dem 5. Bebrütungstag wird der Allantoiskreislauf funktionell. Die Nabelarterien (Arteriae umbilicales), die im Embryo aus der Aorta abgehen, verzweigen sich im Allantochorion zu Kapillaren. In diesen Kapillaren findet der Gasaustausch statt, bevorzugt an der Berührungsstelle von Luftkammer und Allantochorion, aber auch an den anderen Kontaktstellen von Allantochorion und innerer Schalenhaut. Durch das periodische Abkühlen des Eis wird das Eindringen von Aussenluft durch die Eischale gefördert. Aus den Kapillaren wird das sauerstoffreiche Blut in den Nabelvenen (Venae umbilicales) gesammelt, die neben den Dottersackvenen durch den Nabel zum Sinus venosus des Herzens verlaufen.

Der Allantoiskreislauf wird zwei bis drei Tage vor dem Schlupf des Kükens zurückgebildet. Das fetale Küken beginnt schon ante partum mit der Lungenatmung, indem es mit dem Eizahn (epithelartige Wucherung auf dem Schnabel) das Amnion und die inzwischen erweiterte Luftkammer eröffnet und so zu Atemluft gelangt. Zu diesem Zweck verschiebt sich das Küken in den letzten Tagen vor dem Schlüpfen mit dem Amnion in die Nähe der Luftkammer.

Das Allantochorion umgibt Amnion und Dottersack vollständig. Durch seine Ausbreitung wird das Eiweiss, das sich zu Beginn der Entwicklung schichtenweise um die Dotterkugel gebildet hat, in Richtung des spitzen Pols des Eis gedrängt. Diese Ansammlung von Eiweiss, durch das Allantochorion von der Eischale getrennt, wird Eiweisssack genannt . Dieser erhält durch  das Einreissen der sero-amniotischen Platte ab dem elften Tag eine Verbindung zum Amnion. Es entsteht ein offener Eiweisskanal (Ductus sacci albuminis). Bis zum 16. Tag wird durch diesen Eiweiss in das Amnion überführt, mit der Amnionflüssigkeit gemischt und durch den Embryo oral aufgenommen. Das Eiweiss wird im Drüsenmagen fermentiert und im Dünndarm resorbiert. Am 18. Bebrütungstag ist das Eiweiss grösstenteils aufgebraucht.

Abb. 54 - Fruchthüllen des Vogelembryos
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  1. Kalkschale
  2. Chorion
  3. Amnion
  4. Allantois
  5. Dottersack
  6. Ductus omphaloentericus
  7. Albumen (Eiweissack)
  8. Ductus sacci albuminis

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Abb. 54

Schematische Darstellung der Fruchthüllen des Vogelembryos im Schnitttbild.

Schlüpfen

Die Brütungszeit dauert beim Huhn 20 – 21 Tage. Das Küken gehört zu den Nestflüchtern, hat also beim Schlüpfen bereits weitgehend ausgebildete Organsysteme und ein vollständiges Gefieder.

Die Vorbereitungen für das Schlüpfen beginnen etwa 3 Tage vor der Geburt. Der Dottersack, der während der Entwicklungszeit immer kleiner wurde, wird in den Abdominalraum eingezogen und sein Inhalt in den ersten Lebenstagen verbraucht. Das fetale Küken dreht sich mit seinem Amnion in die Nähe der Luftkammer. Durch eine epitheliale Wucherung auf dem oberen Schnabel, dem Eizahn, kann das Küken die innere Schalenhaut perforieren. Durch den Zugang zur Luftkammer beginnt das Küken bereits vor dem Schlüpen mit der Lungenatmung. Dadurch wird der Allantoiskreislauf überflüssig und atrophiert.

Da Dottersack- und Allantoiskreislauf zurückgebildet wurden und somit keine Gefässe mehr durch den Nabelstrang verlaufen, kann sich dieser schliessen.

Durch Drehbewegungen des Kükens wird mit dem Eizahn in der Eischale ein Deckel vorgesägt. Durch den Druck des Kükens beim Schlüpfen wird der Deckel angehoben.