Einleitung
Die frühembryonale Entwicklung des Vogels beginnt bevor das Ei überhaupt gelegt wurde. Bei der Ovulation wird die Oocyte aus dem Follikel abgegeben und vom Eileitertrichter umfasst. Die Oocyte der Vögel entspricht dem Eidotter und wird auch Dotterkugel genannt, sie ist somit eine der grössten Zellen überhaupt. Die Befruchtung und die ersten Entwicklungsschritte erfolgen wie bei den Säugetieren im Eileiter. Parallel zur Furchung werden im Laufe der Eileiterpassage rund um die Morula die übrigen Eianteile gebildet, die Kalkschale schlussendlich im sogenannten Uterus. Vierundzwanzig Stunden nach der Befruchtung wird das Ei gelegt, die Furchung ist so gut wie abgeschlossen. Mit der Eiablage ändern sich die Temperaturverhältnisse im Ei von ungefähr 42°C zu Umgebungstemperatur. Damit wird die Embryonalentwicklung solange inaktiviert, bis die Temperatur durch die Bebrütung auf 38.3°C wieder ansteigt.
Aufbau des Hühnereies
Nach der Ovulation wird die Oocyte zweiter Ordnung vom Eileiter aufgenommen. Die Befruchtung findet im Tubus infundibularis des Eileiters statt. Die entstandene Zygote liegt dem sogenannten Dotterbett (Latebra) der Dotterkugel oben auf. Zylinderförmig richtet sich das Dotterbett ins Innere der Dotterkugel, ringförmig umgeben von gelbem und weissem Dotter, der das lecithinreiche Zytoplasma darstellt. In diesem Stadium ist die Eizelle von der inneren Dottermembran (Plasmalemm, Vitellinmembran) mit ihren zahlreichen Mikrovilli und von der Lamina perivitellina umgeben, die von den Follikelzellen gebildet wird und der Zona pellucida der Säuger entspricht. Das Plasmalemm bildet die primäre, die Lamina perivitellina die sekundäre Eihülle, die beide beim Eintritt in den Eileiter schon vorhanden sind. Im Gegensatz dazu entstehen die tertiären Eihüllen im Laufe der Eileiterpassage: Die faserige Lamina continua (mittlere Dottermembran) wird im Infundibulum des Eileiters gebildet und vervollständigt zusammen mit der Lamina extravitellina (äusseren Dottermembran) die Membranschichten um die Dotterkugel . Diese umgibt die Eizelle faltenartig und lässt aufgrund ihrer Elastizität Formveränderungen der Eizelle bei der Eileiterpassage zu. Ausserdem ist sie semipermeabel, so dass der Austausch von Wasser zwischen dem später angelegten Eiweiss und dem Eidotter möglich wird.
Ebenfalls im Infundibulum erfolgt die Anlage der Hagelschnüre (Chalazae), die von der Dottermembran ausgehen, spiralig gedreht in der Längsachse des Eies liegen und mit der später gebildeten Schalenhaut Verbindung aufnehmen. Sie ermöglichen Drehbewegungen der Dotterkugel, so dass die Keimscheibe immer oben aufliegt. Dies garantiert wärmere Temperaturen aufgrund der Nähe zur brütenden Henne.
Im nächsten Eileiterabschnitt, dem Magnum, werden die Eiweisse (oder Eiklar) gebildet. Sie umgeben die Dotterkugel vollständig und sind in drei Zonen gegliedert: Nahe an der Eizelle und nahe an der Schalenhaut sind sie dünnflüssig, in der Mittelschicht dickflüssig. Hauptbestandteil von Eiklar ist Wasser (etwa 90%), daneben konnten um die 40 Proteine nachgewiesen werden (Eiweissanteil etwa 10%).
Um das Eiklar herum wird im Isthmus die zweischichtige Schalenhaut gebildet, die am stumpfen Eipol auseinanderweicht und so die Luftkammer einbettet, die während der Embryonalentwicklung am Gasaustausch beteiligt ist und schon kurz vor dem Schlüpfen die Lungenatmung des Vogelkükens ermöglicht. Die äussere Schalenhaut verbindet sich nach deren Bildung mit der Kalkschale. Die Kalkschale wird im Uterus gebildet und besteht aus einem Fasernetz und Kalziumkristallen. Äusserste und für die Gleitfähigkeit des Eies verantwortliche Schicht ist das Oberhäutchen der Kalkschale, die Kutikula.