Delamination
Bei der Eiablage ist die Furchung nahezu beendet, die mehrschichtige Keimscheibe liegt der Dotterkugel auf. Die Subgerminalhöhle, die unter dem zentralen Teil der Keimscheibe besteht, vergrössert sich durch vermehrte Verflüssigung des Dotters. Der zentrale Teil der Keimscheibe über der Subgerminalhöhle wird Area pellucida genannt, die „durchscheinende“ Zone, sie umschreibt den Embryoblasten. Ihre Randzone, die zellreich und stark proliferierend ist, wird später zur Area vasculosa. Die periphere Zone der Keimscheibe, die dem Dotter unmittelbar anliegt, wird als Area opaca bezeichnet, da sie aufgrund der Zottenbildung des Trophoblasten trüb erscheint. Aussen an die Keimscheibe schliesst sich die Dottermasse an (Area vitellina).
Gegen Ende der Furchung bilden sich in der Keimscheibe zwei oberflächenparallele Zellschichten, was als Segregation bezeichnet wird. Die Subpopulation kleinerer Zellen sammelt sich in der oberflächlichen Schicht an, während sich die grösseren Zellen am Dach der Subgerminalhöhle ansiedeln. Die Keimscheibe ist nun zweiblättrig, wobei die obere Zellschicht Epiblast und die untere Zellschicht Hypoblast genannt wird. Die Zellen des Hypoblasten häufen sich bevorzugt an dem Pol der Keimscheibe an, der dem späteren Kaudalende des Embryos entspricht. Dadurch wird die Längsachse des Embryos festgelegt, die rechtwinklig zur Längsachse des Eies liegt.
Durch die Ausbildung des Hypoblasten ist neben der Subgerminalhöhle eine zweite Höhle entstanden. Dieses Blastocoel liegt zwischen Epiblast und Hypoblast im Bereich der Area pellucida und ist eine vorübergehende Erscheinung. Beim Säuger tritt zwischen Epiblast und Hypoblast keine Höhle auf. Der Begriff Blastocoel wird beim Säuger für die Furchungshöhle der Blastula gebraucht.
Im Epiblast beginnen nun die Zellverschiebungen. Die Zellen sammeln sich in der kaudalen Symmetrieebene des Epiblasten an, wodurch eine Verdickung entsteht, der Primitivstreifen. Er dehnt sich durch weitere medial gerichtete Zellbewegungen nach kranial aus und erreicht achtzehn Stunden nach Brütungsbeginn bereits zwei Drittel der Keimscheibenlänge. Das kraniale Ende des Primitivstreifens auf dem Epiblasten verdickt sich zum Primitivknoten.
Die auf dem Primitivstreifen angehäuften Zellen verlassen den Epiblasten, um einerseits das zwischen Epiblast und Hypoblast zu liegen kommende Mesoderm und andererseits den embryonalen Anteil des Hypoblasten zu bilden. Durch die Abwanderung der Zellen in die Tiefe entsteht auf dem Primitivstreifen eine Grube, die Primitivrinne. Die meisten der abwandernden Zellen bilden zwischen dem Epiblasten und dem Hypoblasten, also im Blastocoel, ein loses Zellmaschenwerk, das Mesoderm. Es wächst als drittes Keimblatt nach lateral und kaudal, schliesslich auch flügelartig nach kranial aus. Ab dem Stadium der dreiblättrigen Keimscheibe wird der Epiblast zum Ektoderm und der Hypoblast zum Entoderm. Die dreiblättrige Keimscheibe besteht nun also aus Ektoderm, Mesoderm und Entoderm.
Der restliche Teil der aus dem Primitivstreifen abwandernden Zellen, der sich nicht an der Bildung des Mesoderms beteiligt, dringt ins Entoderm ein und verdrängt die bereits bestehenden Zellen nach lateral. Somit wird das intraembryonale Entoderm vom Ektoderm gebildet. Der Primitivstreifen verkürzt sich mit der Zeit, indem die kranialen Zellen ins Mesoderm und Entoderm abwandern und nicht mehr durch neue ersetzt werden. Etwa 48 Stunden nach Bebrütungsbeginn ist der Primitivstreifen vollständig zurückgebildet.
Die ursprünglich den Hypoblasten bildenden und nun nach lateral verschobenen Zellen des Entoderms umwachsen die Dotterkugel und werden zum extraembryonalen Entoderm, das einen Teil der Embryonalhüllen bildet (Dottersack). Ebenso werden die mesodermalen und ektodermalen Zellen, die ausserhalb der Keimscheibe liegen, zu den extraembryonalen Anteilen, also zu den Embryonalhüllen.
Das extraembryonale Mesoderm spaltet sich in ein viszerales, dem Entoderm aussen anliegendes Blatt (Splanchnopleura) und ein parietales, dem Ektoderm innen anliegendes Blatt (Somatopleura). Zwischen den beiden Blättern entsteht die Coelomhöhle.