Embryonale Strategien, um dem maternalen Immunsystem zu entgehen
Um nicht vom maternalen Immunsystem als Fremdkörper erkannt und abgestossen zu werden, bedient sich der Embryo zwei Strategien: Die erste beruht darauf, dass die embryonalen Anteile der Plazenta, die mit maternalem Gewebe in Kontakt kommen, sich dem maternalen Immunsystem nur sehr schwach antigen präsentieren. Durch den Einsatz von immunsupprimierende Faktoren durch den Embryo wird die maternale Immunantwort gedämpft.
Wie alle kernhaltigen Zellen weist der Trophoblast im Laufe seiner Reifung verschiedene Typen von MHC-I Moleküle an seiner Oberfläche auf. Die klassischen MHC-I Moleküle sind hoch antigen und führen, falls sie auf dem Trophoblasten exprimiert werden, zu einer Resorption oder zum Abort. Allerdings kommt es beim Rind physiologischerweise zur Expression klassischer MHC-I Moleküle auf dem Trophoblasten erst im letzten Drittel der Trächtigkeit, ohne dass dem Fetus dadurch Nachteile erwachsen. Es wird allerdings vermutet, dass die darauf folgende entzündliche Reaktion im Uterus zur Ablösung der Plazenta postpartum beiträgt.
Die nicht-klassischen MHC-I Moleküle werden schon früh auf dem Trophoblasten exprimiert. Sie sind jedoch nur wenig antigen und können an hemmende Rezeptoren der natürlichen Killerzellen binden und die Zielzelle (in diesem Falle eine fetale Zelle) vor der Zerstörung schützen.
MHC Typ II sind ein charakteristisches Merkmal von Zellen, die extrazelluläre Antigene präsentieren. Sie werden auf dem Trophoblasten nie exprimiert.
Die zweite Strategie bedient sich der Immunsuppressoren: Verschiedene Faktoren supprimieren das Immunsystem der Mutter, die Th-1 Immunabwehr wird geschwächt und in Richung Th-2 verschoben. Interferon-Tau (IFNT), welches bei den Wiederkäuern zur maternalen Erkennung der Trächtigkeit beiträgt, vermindert die Proliferation der maternalen Zytokine. Die Immunsuppression der Mutter, die unter anderem auch hormonellen Einflüssen unterliegt, ist zwar eine Voraussetzung für das Überleben des Embryos im Uterus, führt aber auch zur erhöhten Empfänglichkeit der Mutter gegenüber gewissen Erregern, die intrauterin an den Feten weitergegeben werden können. Ein gut bekanntes Beispiel hierfür ist die Demodikose beim Hund.