Entwicklung der Nachniere
Die Entwicklung der Nachniere beginnt ehe die Rückbildung der Urniere abgeschlossen ist. Die Nachniere geht einerseits aus der Ureterknospe hervor, aus der sich Ureter, Nierenbecken, Nierenkelche und Sammelrohrsystem bilden. Andererseits entwickeln sich aus dem unsegmentierten Nachnierenblastem, induziert durch die Ureterknospe, die Nephrone. Die letzte Phase der Entwicklung wird hier nicht behandelt, da abgesehen von der Anzahl ausgebildeter Nephrone keine tierartlichen Unterschiede bestehen.
Die Ureterknospe entsteht durch eine Ausstülpung der Dorsalwand des Urnierenganges knapp vor dessen Einmündung in die Kloake. Diese Knospe wird nach kraniodorsal vorgeschoben und wächst ins unsegmentierte Nachnierenblastem ein. Der somit entstandene Stiel wird zum Ureter.
Die Ureterknospe, die vom Nachnierenblastem nun kappenartig bedeckt wird, buchtet sich nach kranial aus und bildet somit das primitive Nierenbecken. Daraus wachsen primäre Sammelrohre aus, die sich dichotom weiter verzweigen und in das Nachnierenblastem einwachsen. Damit entsteht das Sammelrohrsystem.
Das definitive Nierenbecken entsteht aus dem Zusammenschluss der erweiterten distalen Enden der primären Sammelrohre. Abhängig von seiner Entstehung ist es tierartlich unterschiedlich ausgebildet.
Das proximale Ende jedes neu gebildeten Sammelrohres wird kappenförmig von metanephrogenem Blastem überzogen, welches durch Zellvermehrung auswächst und schliesslich auch die Seitenwände der Sammelrohre bedeckt. Ein Urerterbäumchen und das ihm aufliegende metanephrogene Gewebe bilden die primäre Nierenpyramide.
Durch zunehmende Verzweigung der Sammelrohre kommt es durch die Kappenbildung des Nierenblastems zur Entstehung von Nierenlappen (Renculi), die sich an der Nierenoberfläche als Furchen abzeichnen. Mit Ausnahme vom Rind (vom Wal und vom Elefanten) verschwinden diese Furchen postpartum durch Verschmelzung wieder, und die adulten Nieren erscheinen glatt.
In der Marksubstanz, im Bereich der Sammelrohre, erfolgt ensprechend der äusseren Furchung eine innere Unterteilung. Sie führt zur Bildung der von den Nierenkelchen umgebenen Nierenpapillen und somit bei Rind und Schwein zur mehrwarzigen Niere. Bei Pferd, Fleischfresser und kleinen Wiederkäuern unterbleibt die innere Lappung und es entsteht eine einwarzige Niere.
Schwein
Die Nieren des Schweines sind oberflächlich glatt und abgeflacht, sie befinden sich links und rechts in etwa auf gleicher Höhe. Im Innern entwickeln sich acht bis zwölf Nierenkelche. Aus diesem Grund wird die Niere des Schweines als mehrwarzig bezeichnet.
Eine erste Anlage des Nierenbeckens ist beim Schweineembryo mit einer Scheitelsteisslänge von 10-12 mm zu erkennen. Das Nierenbecken bildet buchtige Erweiterungen, welche sich als Nierenkelche über die Papillen stülpen.
Rind
Das Rind ist die einzige Spezies der Haussäugetiere mit einer gefurchten Nierenoberfläche. 12-25 Renculi lassen sich pro Niere abgrenzen. Beide Nieren befinden sich eher rechts, da die linke durch den Pansen abgedrängt wird. Wie das Schwein besitzt auch das Rind eine mehrwarzige Niere mit Nierenkelchen. Diese treten in der 8. Graviditätswoche zum ersten Mal auf.
Beim Rind findet keine Verschmelzung der Sammelrohre zu einem Nierenbecken statt.
Der Harn wird von den Nierenwarzen in den zugehörigen Nierenkelch geleitet und weiter in die Kelchstiele, welche in ein kraniales und ein kaudales Sammelrohr münden. Diese beiden Sammelrohre vereinigen sich schließlich zum Harnleiter.
Fleischfresser und kleine Wiederkäuer
Die Nieren der Fleischfresser und der kleinen Wiederkäuer stellen sich bohnenförmig mit einer glatten Oberfläche dar, die rechte Niere liegt weiter cranial als die linke. Die Niere des Fleischfressers ist einwarzig, da ihre Papillen im Innern zu einer Crista renalis verschmelzen. Dafür bilden sich seitlich an der Crista renalis sogenannte Pseudopapillen aus. Zwischen diesen entwickeln sich flügelartige Ausbuchtungen des Nierenbeckens, die Recessus pelvis collaterales, 8 bis 12 an der Zahl.
Pferd
Auch die Pferdeniere besitzt eine glatte Oberfläche, die rechte herzförmige Niere liegt weiter cranial als die bohnenförmige linke Niere. Durch die Bildung einer dickwulstigen Crista renalis wird die Pferdeniere als einwarzig eingestuft. Aus ihrem Nierenbecken entstehen keine Nierenkelche, sondern zwei Ausbuchtungen, die Recessus terminales, in welche die Sammelrohre einmünden.