22.11 Die Embryonalentwicklung der Hirngefässe


Einführung


Die Gefässversorgung des Kopfbereichs wird im Stadium 10 (ca. 28 Tage) 10 schon sehr früh angelegt, also bereits vor dem Schluss des Neuroporus anterior. Zunächst erfolgt die Versorgung des Prosencephalons durch die Arteriae carotideae internae, welche den dorsalen Aorten, genau genommen der 3. Kiemenbogenarterie entspringen. Etwas später erfolgt die Blutversorgung des Rhombencephalons und des Mesencephalons über die A. basilaris, welche aus der Verbindung der Aa. vertebrales und der A. spinalis anterior hervorgeht . Die Aa. vertebrales entspringen den Aa. subclaviae, welche auf unterschiedliche Art und Weise entstehen. So leitet sich der proximale Anteil der rechten A. subclavia von der 4. Kiemenbogenarterie her während seine Fortsetzung von der 6 . dorsalen Intersegmentalarterie stammt. Der caudale Abschnitt der rechten Aorta obliteriert. Demgegenüber entsteht die linke A. subclavia aus der 6 . dorsalen Intersegmentalarterie, welche ihrerseits direkt der Aorta entspringt.

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Entwicklung der Kiemenbogen-
arterien



Der Circulus arteriosus cerebri (Willisi)


Die Hirnarterien entspringen zwei verschiedenen Gefässsystemen, einem vorderen und einem hinteren. Ersteres geht aus von den Aa. carotideae internae 9, das Zweite geht aus von den Aa. vertebrales 15. Über diverse Anastomosen entsteht aus diesen vier Arterien der Circulus arteriosus cerebri (Willisi) 19, ein sechseckiger Gefässring ventral an Diencephalon und Mesencephalon. Von dieser Ringleitung gehen die Hauptgefässe zur Versorgung des Gehirnes aus. Der Circulus arteriosus cerebri erreicht seine definitive Gestalt zu Beginn der 8. Woche 22-23. Die arterielle Versorgung des Gehirnes unterliegt einer Autoregulation und ist damit unabhängig von peripheren Blutdruckschwankungen. Obschon das Gehirn nur etwa 2% der Körpermasse ausmacht, beansprucht es etwa 15-20% des Herzminutenvolumens und damit der Sauerstoffversorgung.

Vereinfacht stellt sich die anatomische Situation folgendermassen dar:

  • Die A. carotidea interna versorgt etwa 80% des Gehirns. Sie stellt den einen Ast der A. carotis communis dar und gelangt durch den Canalis caroticus des Os temporale in die Schädelhöhle. Sie durchquert unter Bildung des Carotissiphons den venösen Sinus cavernosus, passiert die Dura mater und entlässt ein Hauptgefäss, die A. ophthalmica sowie vier Endarterien: die A. cerebri anterior 17, die A. cerebri media (Sylvii) 17, die A. cerebri posterior 16 sowie die A. choroidea anterior.

  • Die A. vertebralis entspringt der A. subclavia an der Halsbasis. Sie zieht durch die Forr. transversaria der Halswirbel und gelangt über das Foramen magnum in den Schädel. Nach Durchquerung der Dura mater verläuft sie zunächst seitlich am Bulbus spinalis nach rostral. Danach ziehen die beiderseitigen Aa. vertebrales gegen die Medianebene und vereinigen sich ventral am Hirnstamm zwischen Myelencephalon und Pons zur unpaaren A. basilaris 15. Diese passiert unter Abgabe der Rr. pontis die Ventralfläche des Metencephalons und gabelt sich am Übergang zum Mesencephalon in rechte und linke A. cerebri posterior 17.

  • Die Aa. cerebri posteriores 17 und die unpaare A. communicans anterior bilden vor dem Chiasma opticum den rostralen Abschluss des Circulus arteriosus cerebri (Willisi). Seitlich stellen die paarigen Aa. communicantes posteriores 16 den Anschluss an die aus der A. basilaris hervorgegangenen Aa. cerebri posteriores her.

Beim Embryo erhält der Circulus arteriosus cerebri sauerstoffreicheres Blut als der übrige Körper. Dies hängt damit zusammen, dass der grösste Teil des oxygenierten Blutes, welches von der Placenta über die V. cava inferior zum rechten Atrium gelangt, über das Foramen ovale in den linken Vorhof und anschliessend in den linken Ventrikel strömt. Die Aa. carotideae entspringen dem Aortenbogen noch vor der Einmündung des Ductus arteriosus (Botalli) und somit vor der Beimengung von Mischblut aus dem rechten Ventrikel.

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Plazenta und Gasaustausch





Bemerkenswerterweise erfolgt die Blutversorgung des Gehirns über Endarterien. Somit bestehen keine funktionellen Anastomosenm weder zwischen den oberflächlichen (corticalen) noch zwischen den tiefen (zentralen) Arterien. Im Falle einer Okklusion von Arterien oder Arteriolen kann deshalb keine Kollateralversorgung erfolgen. Dies erklärt die schwerwiegenden Konsequenzen von Durchblutungsstörungen des Gehirns.



Die arteriellen Versorgungsgebiete


Die Einzelheiten der arteriellen Blutversorgung des Gehirns würden den Rahmen des vorliegenden Moduls bei weitem sprengen. Deshalb sollen an dieser Stelle die kortikalen und die zentralen Versorgungsgebiete lediglich summarisch und mit Bezug auf die embryonalen Aspekte erörtert werden. Abb. 107 - Arterielle Versorgung des Gehirns  Legende

Abb. 107
Schematische Darstellung der oberflächlichen Versorgungsgebiete auf der Aussenfläche der linken Hemisphäre.



Abb. 108 - Arterielle Versorgung des Gehirns Abb. 109 - Arterielle Versorgung des Gehirns  Legende

1
2
3
Arteria cerebri anterior
Arteria cerebri media
Arteria cerebri posterior


1
2
3
Arteria cerebri anterior
Arteria cerebri media
Arteria cerebri posterior

Abb. 108
Schematische Darstellung der oberflächlichen Versorgungsgebiete auf der Medialfläche der rechten Hemisphäre.

Abb. 109
Schematische Darstellung der tiefen Versorgungsgebiete auf Höhe der Insula



Das venöse Blutleitersystem


Im Gegensatz zu anderen Organen bestehen am Gehirn grundlegende Unterschiede zwischen venösem und arteriellem Gefässsystem. Die venösen Blutgefässe entwickeln sich aus Kapillargebieten in der Nähe terminaler Arterienäste. Dabei entstehen ein tiefes venöses Gefässnetz sowie ein oberflächliches oder kortikales Venensystem. Das venöse Blut beider Systeme wird inkompressiblen, weitlumigen und klappenlosen Blutleitern zugeführt, welche in Duraduplikaturen liegen und deshalb als Sinus durae matris bezeichnet werden. Von diesen gelangt das Blut über das Confluens sinuum, den Sinus transversus und die Vv. jugulares internae zum Herzen zurück.



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