9.3 Pränatale Diagnostik



Vorbemerkung


Es bestehen heute verschiedenen Möglichkeiten, den Embryo bzw. Feten zu untersuchen. Diese pränatale Diagnostik ist ein Spezialbereich der genetischen Beratung. In vielen Fällen gelingt es, durch Untersuchung der Zellen und auch von Stoffwechselprodukten des noch ungeborenen Kindes das Vorliegen eines bestimmten Leidens zu bestätigen oder auszuschließen. Man unterscheidet zwischen nicht-invasiven und invasiven Untersuchungsmethoden. Bei den invasiven Methoden besteht immer ein Risiko der Verletzung des Feten, des Abortes oder der Fehlgeburt. Sinnvoll ist eine solche Untersuchung stets dann, wenn ein Risiko für ein definiertes genetisches Leiden besteht, das sich entweder in den Zellen, in der Amnionflüssigkeit, im Blut oder in der Morphologie des Feten nachweisen lässt..
In jeden Fall handelt es sich um eine diagnostische Leistung. Es sollten daher aufgrund des Befundes auch tatsächlich die richtigen Konsequenzen gezogen werden. Die Untersuchung darf erst nach einem umfassenden Aufklärungs- und Beratungsgespräch, das dokumentiert werden muss, stattfinden. Ethisch/moralische sowie rechtliche Aspekte müssen dabei berücksichtigt werden. Das Ziel sollte sein, mit den Eltern Lösungen zu finden, indem verantwortungsvolle Entscheide nach bestem Wissen und Gewissen gefällt werden.



Nichtinvasive Methoden


Unter den nichtinvasiven Methoden zur pränatalen Diagnostik steht heute der Ultraschall (US) an erster Stelle. Weiter Möglichkeiten v.a. in der Spätschwangerschaft und unter Geburt bilden der Symphyse-Fundus uteri-Abstand (SFA) sowie die Kardiotokographie (gleichzeitige Aufzeichnung von kindlichen Herztönen und der mütterlichen Wehentätigkeit). Weiter können die ersten Kindsbewegungen, bei der Erstgebärenden (Primipara) ab 18. Woche (20. Woche nach LMP), bei der Mehrgebärenden (Pluripara) ab 16. Wochen (18. Woche nach LMP) eine überraschend genaue Terminangabe sein.


Ultraschall als Standard


Die Ultraschalluntersuchung vermag wie keine andere Methode auf nichtinvasive Weise Informationen über das Gestationsalter und damit über den Geburtstermin wie auch über die Intaktheit der Gravidität zu liefern.



Mehr dazu

Die US-Untersuchung hat in der normalen SS folgende Ziele:

  • Beurteilung des Orts der Implantation
  • Beurteilung der Vitalität
  • Diagnose einer Mehrlingsschwangerschaft
  • Bestimmung des Gestationsalters
  • Beurteilung der fetalen Wachstums unter Zuhilfenahme von Wachstumskurven
  • Beurteilung der fetalen Lage
  • Beurteilung der fetalen Morphologie
  • Beurteilung der Lage und Morphologie der Plazenta
  • Beurteilung der Fruchtwassermenge
  • Feststellung von Befunden außerhalb des Cavum uteri



Die Ultraschalluntersuchung dient vor allem der Embryo-/Fetometrie. Man versucht bei der ersten US-Untersuchung den Zeitpunkt der Geburt möglichst genau festzulegen. Dabei wird als erstes Zeichen der begonnene SS eine echogebende Zone von wenigen mm Durchmesser kurz nach der Implantation sichtbar.



Abb. 7 - Sehr frühes Bild einer beginnenden SS Abb. 8 - US einer Mehrlings-SS  Legende


Abb. 7
Eine echogebende Zone von wenigen Millimetern weist auf die beginnende SS hin.
Diese Aufnahme zeigt den jungen Embryo kurz nach der Implantation.

Abb. 8
US einer Drillingsschwanger-
schaft in der 11. Woche


In der weiteren Entwicklung können bald die ersten Herzschläge, Kindsbewegungen und die langen Skelettteile beobachtet werden. Mit 10 -12 Wochen SS ist die Verknöcherung des Schädels so weit fortgeschritten, dass der biparietale Durchmesser (BPD) des Kopfes und die Femurschaftlänge (FE) einen wichtigen Hinweis zur Bestimmung der SS-Dauer gibt.

Mehr dazu

Video (447 Kb) einer frühen SS

Video (259 Kb) Herzschläge



Abb. 9 - Wachstumgskurve BPD bzw. FE  Legende

Abb. 9
Mit Hilfe von Wachstumskurven kann der Zeitpunkt der SS bestimmt werden. Man misst z. Bsp, den biparietalen Durchmesser (BPD) oder die Femurlänge (FE) des Feten.
Dargestellt ist jeweils die 50% Perzentile (mittlere Linie von BPD bzw. FE) sowie die obere bzw. untere Grenze, wo sich 90% der normalen gemessenen Werte befinden. Messungen sollten sich immer in etwa demselben Korridor befinden. Eine grosse Veränderung d.h. z. Bsp. ein Sprung von der 20. auf die 95. Perzentile kann ein Hinweis für ein pathologisches Geschehen sein.



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