Embryogenese
 
Übersicht

1 Lernziele
2 Übersicht
3 Gametogenese
4 Befruchtung
5 Vorimplantation
6 Implantation
7 Embryonalscheibe
8 Embryonalperiode
9 Fetalperiode
10 Fetale Membranen und Plazenta
11 Chromosomen- und Genaberrationen

Um in die einzelnen Module und Kapitel zu kommen, klicken sie auf das entsprechende Modul.

Ein kleine Auswahl von Illustrationen welche im Modul vorkommen, sehen Sie indem Sie auf Bilder klicken.



Präsentation der Lernziele der einzelnen Module dieses Kurses, mit anderen Worten, das Wissen, das der/die Studierende sich im Laufe des Studiums dieses Kurses aneignen sollte





Einführung in den Kurs mit Hilfe der Zusammenfassungen der einzelnen Module.





Gameten und deren Vorläuferzellen (Urkeimzellen) sondern sich bereits sehr früh von den somatischen Zellen ab und gelangen aus dem Ektoderm (dritte Woche) via extraembryonales Endoderm (fünfte Woche) in die Anlage der künftigen Gonaden, die Genitalleisten. Durch eine Interaktion mit den Zoelomepithel-Zellen entsteht in der Genitalleiste in der siebten Woche die Anlage zum Hoden beim Vorhandensein eines Y-Chromosoms oder in der achten Woche die Anlage zum Ovar, wenn dieses fehlt.

Zur Ausbildung des Hodens kommt es unter anderem durch die Wirkung des Testosterons. Dieses wird von den Leydig'schen Zwischenzellen, die aus dem Mesenchym der Genitalleiste stammen, in einer ersten Blütezeit (Beginn siebte Woche) gebildet. Zur zweiten Blütezeit der Leydig'schen Zwischenzellen kommt es in der Pubertät, in der ein Ausreifen des Keimepithels stattfindet und damit Wachstum und Lumenbildung in den Tubuli seminiferi contorti auslöst. Die von der Pubertät an stattfindende Spermatogenese führt über einen 64 Tage dauernden Zyklus von der Spermatogonie zum Spermium. Am Anfang der Spermatogenese finden drei Mitosen bis zur primären Spermatozyte statt, die dann in die Meiose eintritt. Die erste Reifeteilung dauert 24 Tage, davon nimmt die Prophase mit ihren histologisch vier typischen Phasen die meiste Zeit in Anspruch. Aus der ersten Reifeteilung entstehen die sekundären Spermatozyten, die sofort in die zweite Reifeteilung eintreten, die sehr kurz ist, weil weder eine Synthese von DNS noch eine Neugruppierung der Chromosomen stattfindet. Das Resultat der zweiten Reifeteilung sind die haploiden Spermatiden. Sie differenzieren sich in 24 Tagen zu Spermien, welche dann ins Lumen der Tubuli abgegeben werden. Die Spermienproduktion verläuft in unzähligen über die Gesamtlänge der Tubuli verteilten Spermatogenese-Generationen, die spiralig ineinander verwunden sind. Die Spermienproduktion unterliegt sehr grossen Schwankungen mit einem Produktions-Mittel von 100 Mio / Tag.


Die Oogenese beginnt ungefähr in der 7 Woche (Stadium 20). Die eingewachsenen Keimstränge im Kortex des Ovars zerfallen in einzelnen Zellgruppen. Es erfolgt eine rege Proliferation, jedoch bleiben die Oogonien, ähnlich wie die Spermatogonien über Zellbrücken miteinander verbunden, was eine Synchronisierung der Mitose bzw. der darauffolgenden Meioseschritte (Prophase) erlaubt. Sobald diese Oogonien in die Meiose eingetreten sind, spricht man von primären Oozyten, was aber frühestens in der 12. Woche möglich ist. Alle Oozyten werden am Ende der Prophase der ersten Reifeteilung arretiert. Diese Ruhephase wird als Diktyotän bezeichnet und kann bis ins Erwachsenenalter dauern. Zu diesem Zeitpunkt lösen sich die primären Oozyten aus ihrem klonalen Verband. Sie werden von flachen somatischen Zellen (Follikel- oder Granulosazellen) umgeben und heissen nun Primordialfollikel. In der 20. Woche sind nahezu 7 Mio Keimzellen gebildet und der ganze Kortex besteht aus diesen Primordialfollikeln. Nach der Geburt sind nur noch etwa 1-2 Mio. vorhanden und nach der Pubertät noch etwa 250'000 pro Ovar.






Für eine erfolgreiche Fertilisation braucht es ein reifes Spermatozoon mit einem haploiden Chromosomensatz und eine reife Oozyte II, die in der Metaphase der zweiten Reifeteilung der Meiose arretiert ist. Die Vereinigung findet im ampullären Teil der Tuba uterina statt. Der Prozess des Eindringens des Spermatozoons wird als Imprägnation bezeichnet. Dadurch wird die Oozyte veranlasst, ihre zweite Reifeteilung zu vollenden, was auch zu einem haploiden Chromosomensatz führt. Die ganze Fertilisation bis zur Ausbildung der Zygote (Zustand der vereinigten Chromosomensätze der beiden Vorkerne in der Metaphasenplatte der ersten mitotischen Teilung) dauert ca. 24 Stunden und entspricht Stadium 1 nach Carnegie. Das Ziel ist die Wiederherstellung des diploiden Chromosomensatzes und die Determination des chromosomalen Geschlechts.

Das reife Spermatozoon besteht aus Kopf mit der Akrosomenkappe und dem Kern, dem Mittelteil mit Mitochondrien und dem Schwanzteil mit Kinozilien. Die Spermien durchlaufen eine Reihe von Aktivierungsvorgänge auf ihrem Aszensus durch Cervix, Cavum uteri und Tuba uterina, welche als Kapazitation bezeichnet werden. Dadurch werden gewissen Makromolekülen, die von der Seminalflüssigkeit herstammen, von der Oberfläche der Spermien eliminiert. Im weiteren werden die Spermien dadurch besser beweglich und auf die Akrosomalreaktion vorbereitet.

Nach erfolgter Imprägnation der Oozyte durch ein Spermatozoon wird eine kortikale Reaktion der Oozyte ausgelöst, was zu einem Polyspermieblock väterlichen bzw. mütterlichen Vorkern. Sie nähern sich langsam und ca. 22 h nach Imprägnation der Eizelle bildet sich die Zygote, indem sich die beiden Chromosomensätze in einer gemeinsamen Metaphasenplatte anordnen. Die erste Furchungsteilung erfolgt mit den Teilungsspindeln, die vom proximalen Zentrosom des Spermatozoons stammt. Mit der Entstehung von zwei Tochterzellen ist die Fertilisation abgeschossen. Die Präimplantationsphase hat damit begonnen.





Nach erfolgreicher Fertilisation, die im ampullären Teil der Tube stattfindet, wandert der Embryo durch die Tube in das Cavum uteri. Diese Wanderung dauert sechs Tage. Dabei teilt sich die Zygote mehrmals vorerst ohne Zunahme des Gesamtvolumens, denn sie ist immer noch von der Zona pellucida umgeben. Es entstehen Tochterzellen und man spricht nun vom Blastomerenstadium. Bis zum 4-Zellstadium werden noch die mütterlichen mRNA Moleküle verwendet und das neue kindliche Genom wird erst ab 4-8 Zellen aktiv. Ab ca. 16 Zellen (Morula) erfolgt die Kompaktion, indem die äusseren Zellen, die Trophoblasten, einen kompakten epithelialen Verband bilden. Sie sind untereinander mit Schlussleistenkomplexen verbunden und bilden nach aussen Microvilli. Die inneren Zellen werden so vom Einfluss des äusseren Milieus abgeschirmt und können sich anders differenzieren. Es entsteht im Inneren der Embryoblast. Gleichzeitig bildet sich auch ein mit Flüssigkeit gefüllter Raum, die Blastozystenhöhle. Man spricht nun von der Blastozyste. Anschliessend schlüpft die Blastozyste aus der Zona pellucida und befindet sich nun als freie Blastozyste am Eingang in das Cavum uteri. Man kann nun zwei Schichten von Zellen im Embryoblasten unterscheiden: die Epiblasten und die Hypoblasten. In der Folge lagert sich die freie Blastozyste mit dem Pol, wo sich der Embryoblast befindet, an das Endometrium an, was als Adplantation bezeichnet wird. Mit ihren Enzymen löst die Blastozyste das Endometrrium auf und dringt allmählich in die Tiefe ein. Damit hat die Implantation begonnen.





Dieses Modul beschreibt die Implantationsetappen der Blastozyste in die Wand des Endometriums. Dieser Prozess erstreckt sich über einen Zeitraum vom Ende der ersten Woche der embryonalen Entwicklung; nämlich ab dem Zeitpunkt des Schlüpfens der Blastozyste; bis zur Entstehung des primitiven plazentären Kreislaufes in der Mitte der zweiten Entwicklungswoche erstreckt.

Das Endometrium (6.1) weist eine Struktur auf, die eine Implantation der Blastozyste begünstigt. Es unterzieht sich während der geschlechtlich aktiven Periode strukturellen Veränderungen, die durch sexuelle Hormone reguliert werden. Dieser Zyklus lässt sich in drei Phasen unterteilen (menstruelle, follikuläre und luteinische). Jede ist charakterisiert durch eine eigenes histologisches Erscheinungsbild des Endometriums, speziell des Drüsenepithels.

Die Implantationsetappen (6.2) beginnen mit der Apposition der Blastozyste an die Uterusschleimhaut, die normalerweise nur in einer Region der Uteruswand entsteht.
Eine Implantation der Blastozyste ausserhalb dieser Zone bedeutet eine extra-uterine Schwangerschaft mit schwerwiegenden Folgen für die Gesundheit. Die Implantationsetappen der Blastozyste in das Uterusendometrium lässt sich in drei Phasen gliedern: Die Apposition, die Adhäsion und die Einnistung. Die Apposition kann nur während eines bestimmten Zeitraums im Laufe des Zyklus stattfinden, dem sog. Implantationsfenster. Die Apposition steht im Zusammenhang mit der Reifung der Uterusschleimhaut. Sobald die Adhäsion an die Uterusschleimhaut vollzogen ist, differenzieren die in der Peripherie gelegenden Zellen der Blastozyste - der Trophoblast - in zwei Zelltypen: in den Synzytiotrophoblasten (ST, aussen) und in den Zytotrophoblasten (ZT, innen). Durch ihre lytische Aktivität erodieren die ST-Zellen zahlreiche Strukturen der Uterusschleimhaut und induzieren die Dezidualreaktion dieser Schleimhaut. Dieser Prozess führt zur Einnistung der Blastozyste in die Schleimhaut, wobei sie zu diesem Zeitpunkt vollständig von ST-Zellen umgeben wird. Während der zweiten Woche tauchen im ST extra-zytoplasmatische Vakuolen auf. Sie konfluieren zu Lakunen und werden später mit mütterlichem Blut gefüllt, das aus den durch die lytische ST-Aktivität erodierten Gefässen stammt. Dadurch entsteht der primitive utero-plazentären Kreislauf.

Die Etappen der Implantation resultieren in einer Kaskade molekularer Mechanismen (6.3) von Interaktionen zwischen den Trophoblastzellen einerseits, und andererseits den Zellen und der extra-zellulären Matrix der Uterusschleimhaut. Diese Interaktionen beginnen schon im Moment des Ausschlüpfens der Blastozyste (Vorimplantations-Signale), damit die strukturellen und funktionellen Eigenschaften des Uterus verändert werden. Das begünstigt die Bewegung der Blastozyste in Richtung des Implantationsortes und dessen Modifikation, um eine Implantation zu erleichtern. Die Interaktionen zwischen der Blastozyste und dem Uterusepithel stellen die richtige Orientierung des Embryos und dessen Adhäsion an die Uteruswand sicher. Die Interaktionen zwischen der Blastozyste und dem Endometrium regulieren das Einwachsen des Trophoblasten und die Einnistung in die Schleimhaut.

Mehrere Faktoren können zu einer abnormalen Implantation führen (6.4). Es gibt ausserhalb der normalen Implantationszone verschiedene Orte, innerhalb und ausserhalb des Uterus, wo sich die Blastozyste einnisten kann. Innerhalb des Uterus führt eine Implantation im unteren Teil zu einer Plazenta praevia. Sie bildet sich im Cervix uteri und verhindert eine normale Geburt. Auch kann es dadurch bei ihrer Ablösung zu schwerwiegenden klinischen Komplikationen (Hämorrhagien) kommen.

Bei den kontrazeptiven Methoden unterscheidet man zwischen mechanischen und chemischen Methoden.
Die mechanischen Methoden (Spirale) haben eine Doppelfunktion, einerseits wirken sie einer Einnistung entgegen und andererseits immobilisieren sie die Spermien.
Bei chemischen Methoden, welche die Implantation oder die frühe embryonale Entwicklung verhindern sollen, werden entweder hohe Hormondosen (Pille-danach) oder Rezeptorantagonisten (RU 486) verabreicht





Dieses Modul beschreibt die Etappen der Differenzierung der Embryonalscheibe von der 2. bis zur 4. Woche der Entwicklung.

Im Verlaufe der 2. Woche (7.1) differenziert sich der Embryoblast in zwei Keimblätter: In den Epiblasten, aus dem die Gewebe des Embryos, sowie das Amnionepithel entstehen werden und in den Hypoblasten, welcher das Nabelbläschen bilden wird.

Während der 3. Woche der Entwicklung, erfährt der Epiblast eine Anzahl komplexer Veränderungen, welche zur Differenzierug der drei embryonalen Keimblätter führen. Das Ganze beginnt mit dem Erscheinen des Primitivstreifens (7.2). Es handelt sich hierbei um eine Verdichtung der Zellen entlang der medianen Linie. Dieser Streifen ist der Ort, wo die von lateral her einwandernden Zellen sich einsenken, um die tiefen Schichten des Mesoblasten und Endoblasten zu bilden. So kommt es zur Bildung der dreiblättrigen Keimscheibe. Der Mesoblast unterteilt sich in drei Anteile: Paraxiales, intermediäres Mesoderm und Seitenplattenmesoderm (7.2). Der paraxiale Anteil umgibt das Neuralrohr und bildet später die Somiten, indem er sich segmentiert. Der laterale Anteil des Mesoblasten, das Seitenplattenmesoderm wird in Somatopleura - und Splanchnopleura Mesoderm unterteilt. Zusammen umschliessen sie das intraembryonale Zölom (7.2). Während dieser Zeit induziert eine zylinderförmige Anhäufung von Zellen dorsal der Chorda dorsalis auf der medianen Linie die Differenzierung des Neuroblasten. Dieser Prozess wird Neurulation genannt (7.2). Der mediane Anteil des Epiblasten verdichtet sich und bildet eine Rinne und darauf ein Rohr (Neuralrohr), aus welchem das zentrale Nervensystem entstehen wird (7.2). Aus den Rändern der Neuralrinne lösen sich die Neuralleistenzellen, woraus der grösste Teil des peripheren Nervensystems entsteht.

Zwei Übergansstrukturen, die Chorda dorsalis und der Primitivstreifen, können zu Entwicklungsanomalien führen, wenn sie nicht vollständig resorbiert werden (7.3).
Das sacro-coccygeal Teratom bildet sich aus Überbleibseln des Primitivstreifens, das Chordom aus solchen der Chorda dorsalis. Die kaudale Dysplasie umfasst eine Gruppe von Syndromen, die den unteren Bewegungsapparat und die Eingeweide betreffen. Ein nicht kompletter Schluss der kranialen Extremität führt zu einer Anencephalie. Wenn das gleiche an der kaudalen Extremität des Neuralrohrs geschieht, kommt es zu einer Spina bifida.





Die Embryonalperiode umfasst die ersten 8 Wochen der Schwangerschaft. Sie wird in eine präembryonale Phase (von der 1. bis zur 3. Woche), in der die drei Keimblätter entstehen, und in eine eigentliche Embryonalphase (von der 4. bis zur 8. Woche), in der die embryonalen Organanlagen entstehen, eingeteilt.
Die Entwicklung erfolgt dank genetischer Programme und umweltbedingter Faktoren, welche genau aufeinander abgestimmt sind.

Während der Embryonalperiode ist das Risiko für angeborene Missbildungen am grössten. Vor dieser Periode kommt es meistens zu Spontanaborten. Später ist die Häufigkeit von Missbildungen und deren Auswirkung kleiner. Die wichtigsten teratogenen Faktoren sind Infektionskrankheiten, chemische Substanzen, Medikamente und ionisierende Strahlungen.





Die Fetalperiode umfasst ungefähr die zwei letzten Trimester der Schwangerschaft das heisst 30 Wochen, in denen der Fetus seine angelegten Organsystem ausbaut. Die Frau wird in dieser Zeit monitorisiert, damit möglichst rasch Unregelmässigkeiten der SS erfasst werden können. Es stehen dafür heute verschiedene nichtinvasive und invasive pränatale Diagnosemöglichkeiten zur Verfügung, die je nach Fragestellung eingesetzt werden können. Der Fetus und noch in viel grösseren Masse der Embryo ist sehr empfindlich auf teratogene Substanzen. Sie können an den sich bildenden Organsystemen Missbildungen hervorrufen. Die Möglichkeit der pränatalen Diagnostik wirft natürlich auch die Frage einer Schwangerschaftsunterbrechung bei Diagnose eines schweren Erbleidens auf.

Im Übrigen gilt seit 1. Oktober 2002 in der Schweiz die Fristenregelung (Art. 118 - 120 StGB, SR 311.0). Innerhalb der ersten zwölf Wochen der Schwangerschaft entscheidet die Frau allein über einen Abbruch. Dabei müssen aber gewisse gesetzliche Bedingungen erfüllt sein: die Schwangere muss den Abbruch schriftlich verlangen und geltend machen, dass sie sich in einer Notlage befindet. Der Arzt bzw. die Ärztin hat mit der Frau vorgängig ein eingehendes Gespräch zu führen und ihr den besonderen Leitfaden auszuhändigen.





Dieses Modul beschreibt die Struktur und die Differenzierung der Gewebe, welche die fetalen Membranen und die Plazenta bilden, vom Zeitpunkt der Implantation der Blastozyste in die Uteruswand, bis zum Ende der intrauterinen Entwicklung.

Die Entwicklung (10.1) der extra-embryonalen Membranen beginnt im Moment der Differenzierung der Zellen der Blastozyste in einen Embryoblasten und einen Trophoblasten. Der Embryoblast bildet den späteren Embryo und der Trophoblast die Komponenten der embryonalen Anhangsorgane. 2.

Die Bildung der Plazenta (10.2) wird durch die Blastozyste induziert, welche die Dezidualreaktion der Uteruswand auslöst 5a. Diese Veränderung der Uterusschleimhaut hängt von der Stimulation der durch Ovar und Plazenta ausgeschütteten Hormone ab. Die Differenzierung der Plazenta beginnt mit der Bildung von Gefässlakunen 5b, die mit mütterlichem Blut, das von den Spiralarterien stammt, gefüllt werden. Die Zellwände der Lakunen bestehen aus chorialem Gewebe (embryonalen Ursprungs) und Endometrium (mütterlichen Ursprungs). Die Feto-plazentäre Zirkulation beginnt in der 3. Woche, wenn die fetalen Gefässe die Plazenta mit den Geweben des Embryonalkörpers verbinden. Die Plazenta passt sich im Laufe der Schwangerschaft an metabolische Bedürfnisse des wachsenden Embryos an.
Bei den verschiedenen Säugetierarten ist die Plazenta unterschiedlich organisiert. Man unterscheidet daher verschiedene Typen (10.7):
Beim Menschen ist die Plazenta hämo-chorial, diskoid, pseudo-kotyledonisch, dezidual und chorio-allantoid.

Der plazentäre Kreislauf (10.3) besteht aus zwei verschiedenen Kreisläufen, einem fetalen und einem mütterlichen. Beide werden durch die Plazentabarriere voneinander getrennt sind. Die Schranke kontrolliert die metabolischen Austauschvorgänge zwischen Embryo und Mutter (10.4). Ausserdem erfüllt die Plazenta für einen normalen Schwangerschaftsablauf andere wichtige physiologische Aufgaben (z. B. endokrine).

Die Entwicklung der fetalen Membranen unterzieht sich bei Mehrlingsschwangerschaften gewissen Veränderungen (man unterscheidet zwischen dizygoten und monozygoten Zwillingen) (10.5.).

Die Nabelschnur (10.6) entwickelt sich mehrheitlich aus dem Haftstiel. Mit der Entwicklung der Amnionhöhle wird die Nabelschnur von Amniumepithel umhüllt und enthält gegen Ende der Schwangerschaft nur noch die Nabelarterien und eine Nabelvene. Umgeben werden diese Strukturen von Bindegewebe, das aus dem extra-embryonalen Mesoblast stammt. Die Nabelschnur des Embryos, der in der Amnionhöhle schwimmt, verlängert sich mit zunehmender Entwicklung des Embryos. Die Höhle ist mit Amnionflüssigkeit gefüllt (10.8). Sie nimmt verschiedene mechanische und metabolische Funktionen zwischen Mutter und Fetus wahr. Stränge in der Amionflüssigkeit können zu fetalen Missbildungen führen.

Von den verschiedenen Pathologien, welche die Entwicklung der Plazenta beeinflussen, werden hier nur einige genannt, da sie in direkter Beziehung zu den strukturellen oder funktionellen Anomalien stehen, die in diesem Modul beschrieben wurden (10.9). Es handelt sich um Komplikationen fetalen (fetale Erythroblastose, Chorionkarzinom, Blasenmole) oder mütterlichen Ursprungs (Schwangerschaftstoxikose, Eklampsie). Es existieren ausserdem Anomalien die mit einem abnormalen Implantationsort verbunden sind (ektopische Schwangerschaft) sowie mit der Entwicklung der Plazenta (Plazenta praevia). Auch die Insertion der Nabelschnur auf der Plazenta kann variieren (marginale oder exzentrische Insertion). Alle diese Anomalien führen entweder zu einer abnormalen Entwicklung des Feten, Komplikationen bei der Geburt, oder aber zu einem Abort.





Bei den pathogenen Mutationen handelt es sich um krankmachende Veränderungen des Erbmaterials. Grundsätzlich führt ein "Zuviel" oder "Zuwenig" an Erbinformation zu Störungen. Das Erbmaterial ist nicht balanciert. Die meisten Mutationen führen zu veränderten Genprodukten. Dies kann Störungen in einzelnen Stoffwechselaufgaben aber auch Veränderungen des ganzen Phänotyps zur Folge haben.

Man unterscheidet 2 Arten von Mutationen:

  • Genmutationen
  • Chromosomenmutationen

Bei den Genmutationen treten Störungen innerhalb eines einzelnen Gens auf. Betrifft die Störung ganze Teile von Chromosomen, spricht man von Strukturanomalien innerhalb eines Chromosoms oder ist die Anzahl der Chromosomen verändert, von Trisomien, Monosomien bzw. generell von Aneuploidie oder numerischen Chromosomenaberrationen.


Es ist wichtig festzustellen, dass die meisten Chromosomenabweichungen zufällig bei der Gametenbildung durch Non-Disjunktion oder Chromosomenbrüche entstehen. Entweder haben solche Störungen (Deletion, Duplikation, Isochromie von einzelnen Chromosomen = Störung der Chromosomenstruktur; Trisomie, Monosomie = Störung der Anzahl Chromosomen) unmittelbar klinische Folgen oder sie bleiben in dieser Generation unentdeckt, weil das Erbmaterial trotz Rearrangements immer noch vollständig vorhanden d.h. balanciert ist. Balancierte Chromosomenaberrationen führen jedoch zu fehlerhaften Gametenbildungen. Dadurch wird die Störung ev. erst in der nächsten oder übernächsten Generation phänotypisch in Erscheinung treten z. Bsp. Fusion von akrozentrischen Chromosomen 14/21 (= Robertson'sche Translokation) kann zu vererbter Trisomie 21 oder Down-Syndrom führen.
Ein kleinerer Teil der Chromosomenabweichungen erfolgt nach der Befruchtung in einer Zelllinie. Dies führt zu Mosaïkformen.
Man hat bei Missbildungen und Krankheiten immer wieder festgestellt, dass zwar eine genetische Veranlagung vorhanden ist (Häufung von Krankheiten in Familien). Es müssen aber entweder mehrere Gene für die Ausprägung des Merkmals (Krankheit bzw. Missbildung) vorhanden sein => Polygenie oder noch andere Einflüsse eine Rolle spielen, damit eine Krankheit ausbricht bzw. eine Missbildung in Erscheinung tritt => Multifaktorielle Vererbung. Zudem hat bei gewissen Mutationen auch die genetische Prägung (genetic imprinting) einen grossen Einfluss auf den Phänotypen.

In der Klinik haben Kinder mit abweichender Chromosomenzahl oder -struktur meistens multiple Missbildungen oft kombiniert mit mentaler Retardierung. Sind kleinere Genbezirke betroffen, können Störungen je nach Schweregrad auch erst später in Erscheinung treten. Folgende klinische Kriterien weisen auf eine Chromosomenaberration hin:

  • Prä- und postnatale Wachstumsstörungen
  • Geistige Retardierung
  • Fehlbildungen
  • Dysmorphiezeichen.

Bestehen in der Anamnese Hinweise für vermehrtes Auftreten angeborener Missbildungen, monogener Erbkrankheiten oder habitueller Aborte, sollte unbedingt eine genetische Beratung angeboten werden.