21.3 Differenzierung der Gonaden



Ovarien: Differenzierung


Die Differenzierung des Ovars geschieht später als diejenige der Testes und erfolgt im Laufe der 8. Woche 20-23. Weil die Frau kein Y-Chromosom besitzt, hat sie somit auch kein SRY Gen, ausser wenn eine Translokation des Gens auf das X-Chromosom erfolgt!

Histologisch könne zwei Regionen im Ovar unterschieden werden:

  • Kortex, der alle Elemente des Parenchyms enthält.
  • Medulla, die mit dem Kortex die Elemente des Stromas teilt.

Mehr dazu

Spezialfall einer Dissoziation zwischen Phänotyp und Genotyp



Entwicklung des Stromas


Im Ovar behalten die Gonandenstränge mehrheitlich den Kontakt zum oberflächlichen Zölomepithel. Diejenigen Gonadenstränge, welche sich aus dem verdickten Zölomepithel in die Tiefe begeben und den Kontakt verlieren, bilden sich in der weiblichen Gonade zurück. Wahrscheinlich sind dafür einerseits die fehlenden Genprodukte verantwortlich, die beim Mann durch das SRY-Gen auf dem Y-Chromosom aktiviert werden. Man vermutet aber auch noch Signale im Ovar, welche die Differenzierung in eine männliche Gonade aktiv verhindern. So wirkt zum Beispiel WNT-4 teilweise als Anti-Testis-Gen, indem es gewisse Entwicklungsschritte zur Ausdifferenzierung Richtung Testes unterdrückt (16).

Quiz

Quiz 09


Abb. 15 - indifferente Gonade
Stadium 17, ca. 41 Tage
Abb. 16 - frühe Differenzierung
Stadium 20, ca. 49 Tage
 Legende

1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
Ductus mesonephricus (Wolff)
PGC
Peritonealhöhle
Aorta
Tubulus mesonephricus
lokales Zölommesenchym
verdicktes Zölomepithel
Intestinum
Mesenterium
Anlage des Ductus paramesonephricus (Müller)


1
2
3
4
5
6
7
8
9
10

11
Ductus mesonephricus (Wolff)
PGC
Peritonealhöhle
Aorta
Tubulus mesonephricus
degenerierte Gonadenstränge
verdicktes Zölomepithel
Intestinum
Mesenterium
Anlage des Ductus
paramesonephricus (Müller)
Rückbildung der Mesonephros-
Nephrone

Abb. 15
Die PGC wandern in die Genitalleiste ein. Gonadenstränge bilden sich aus und werden die PGC umgeben. Zu diesem Zeitpunkt entwickeln sich die Mesonephros-
strukturen in der Crista mesonephrica. Auch der Ductus paramesonephricus ist gebildet.

Abb. 16
Diejenigen Gonadenstränge, welche in die Tiefe vorwachsen, bilden sich wieder zurück. Nur die Gonadenstränge, welche den Kontakt zum Zölomepithel behalten bleiben erhalten.



Entwicklung des Parenchyms


Gegen Ende der Embryonalperiode kann man im Ovar den Kortex mit den Gonandensträngen und den PGC von der Medulla unterscheiden. Obwohl man in der Literatur immer wieder findet, dass Zellen mesonephrotischen Ursprungs auch am Stroma des Ovars beteiligt wären, haben Untersuchungen an Mäuseovarien gezeigt, dass keine Zellen aus dem Mesonephros in das Ovar einwandern (vgl. im Gegensatz dazu z. Bsp. Myofibroblasten des Testis), sobald die PGC in das Meiosestadium eintreten (am Ende des ersten Trimesters = 12 Wochen) (17). Somit wird eine Beteiligung des Mesonephros an den Strukturen des Ovars von Mäusen angezweifelt. Wahrscheinlich erreichen die Zellen des Mesonephros nur den Hilusbereich des Ovars und sind dort am schwach ausgebildeten Rete ovarii beteiligt.

Im Laufe des 4. Monats lösen sich die Gonadenstränge durch einspriessende Blutgefässe aus der Medulla auch im Kortex auf und isolierte Zellhaufen umgeben die Oogonien, die sich vermehrt synchron teilen (Mitose). Die Oogonien bilden ähnlich wie die Spermatogonien Zellklone. Die einzelnen Zellen sind über Zellbrücken miteinander verbunden. Man kann nun verschiedene Zonen im Kortex unterscheiden: In der äussersten Zone befinden sich prolieferierende Oogonien, etwas weiter innen erkennt man Oozyten, welche spontan in die Prophase der ersten Reifeteilung (Meiose 1) eingetreten sind.

Ab dem 5. Monat wird weiter gegen das Mark noch eine dritte Zone sichtbar, in welcher die Oozyten die Prophase der ersten Reifeteilung schon vollendet haben und von einer einschichtigen Zellschicht umgeben sind, die sich aus Zellen der Gonadenstränge differenziert haben und nun Follikel- oder Granulosazellen heissen. Die von Follikelzellen umhüllte primäre Oozyte wird nun als Primordialfollikel bezeichnet und verharrt in diesem Stadium der ersten Reifeteilung (Diktyotänstadium) bis zur Pubertät.

Quiz

Quiz 26




















Mehr dazu

Histologie:
Verschiedene follikuläres Stadien eines menschlichen Ovars


Abb. 17 - Frühe Differenzierung
Stadium 23, ca. 56 Tage
Abb. 18 - weitere Differenzierung
ca. 20 Wochen
 Legende

1
2

3
4
5
6
7
8
Ductus mesonephricus (Wolff)
Mesonephros-Nephrone in
Rückbildung
Oogonien im Kortex des Ovars
Aorta
Ductus paramesonephricus (Müller)
Tubuli mesonephrici in Rückbildung
degenerierte Gonadenstränge
Verdicktes Zölomepithel in Kontakt mit den Gonadensträngen


1

2

3
4
5
6
7
Ductus mesonephricus (Wolff) in
Rückbildung
Primordialfollikel im Kortex des
Ovars
Aorta
Ductus paramesonephricus (Müller)
Tubuli mesonephrici in Rückbildung
degenerierte Gonadenstränge
Mesothel des Ovars

Abb. 17
Die Gonadenstränge im Zentrum des Ovars degenerieren und nur diejenigen, welche sich in der Nähe des Oberflächenepithel befinden, bleiben bestehen. Durch einwachsende Blutgefässe und bindegewebiges Stroma aus der Medulla lockern sich die Gonadenstränge im Kortex auf und zerfallen in kleinere Zellhaufen. Diese umgeben nach und nach die PGC bzw. primären Oozyten, die sich ebenfalls im Kortex weiterentwickeln.

Abb. 18
Etwa ab Mitte Schwangerschaft (20. Woche) ist der ganze Kortex gleichmäßig mit Primordialfollikeln ausgefüllt. Das Rete ovarii erhält keinen Anschluss an die Tubuli mesonephrici und den Ductus mesonephricus.


Vergleichende Tabelle

Vergleichende Tabelle der Differenzierung der Gonaden beim Mann und bei der Frau.

Abbildung

Lokalisation der Meso-Strukturen



Während der frühen Fetalperiode entstehen durch intensive mitotische Teilung der Oogonien Millionen von primordialen Follikeln (Die Follikelstadien vom Primordialfollikel zum Tertiärfollikel).

Die Anzahl der Primordialfollikel zur Zeit der Geburt beträgt zwischen 300'000 und 2 Mio., aber sie nimmt bis zur Pubertät massiv ab. Es bleiben zu Beginn der Pubertät nur noch ca. 40'000 übrig. Davon entwickeln sich zwischen Pubertät und Menopause nur ca. 300 primäre Oozyten weiter, um eine befruchtungsfähige Oozyte zu bilden.

Zu beachten ist, dass sich Follikel nur in Anwesenheit der PGC bilden. Ohne sie entstehen sterile Gonadenstränge, welche in der Folge wieder degenerieren und das Ovar besteht folglich nur aus Stroma.

Mehr dazu

Histologie:
Verschiedene follikuläres Stadien eines menschlichen Ovars



Abb. 19 - Entwicklung der primordialen Keimzellen (PGC)  Legende

Abb. 19
Der obere Teil der Graphik zeigt die ungefähre Dauer der verschiedenen Phasen der Entwicklung der PGC.

Der untere Teil der Graphik zeigt die Entwicklung der Zahl von PGC bzw. primären Oozyten.


Phase A:
Einwanderung der PGC in die Genitalleiste, wo sie sich durch Kontakt mit dem Zölomepithel mitotisch vermehren. Bildung der Gonadenstränge, die teilweise wieder degenerieren. (Woche 6 - 7).

Phase B:
Aktive Vermehrungsphase der PGC und Differenzierung in Oogonien (Woche 9 - 22). Die maximale Anzahl PGC ist mit 20 Wochen erreicht. (7 Mio.).

Phase C:
Die Oogonien treten spontan in die Meiose ein und werden im Diplotän der Prophase der ersten Reifeteilung arretiert. Man bezeichnet sie nun primäre Oozyten. (Woche 12 - 25)

Phase D:
Bildung von primordialen Follikeln (Woche 16 -29).

Phase E:
Fortschreitende Atresie von Follikeln ab der 16. Woche.
Zwischen 300'000 und 2 Mio. primordiale Follikel verbleiben bis zur Geburt und davon entwickeln sich zwischen Pubertät und Menopause ca. 300 Primordialfollikel weiter, um eine befruchtungsfähige Oozyte hervorgehen zu lassen. Die Mehrzahl der Follikel geht also im Laufe ihrer Entwicklung zugrunde.



Zusammenfassung


Die Entwicklung des Ovars ist folgendermassen charakterisiert:
  • Die Beibehaltung der Proliferationsvermögens des Zölomepithels
  • Gonadenstränge bleiben nur in der Nähe des Kortex erhalten, in der Medulla bilden sie sich zurück. Das Rete ovarii ist nur rudimentär entwickelt. Seine Zellen stammen wahrscheinlich aus dem Mesonephros, aber eine Verbindung zwischen Rete testis und Mesonephros kommt nie zustande.
  • Die kortikalen Gonadenstränge, die sich absondern, um isolierte Zellhaufen rund um die Oozyten und so die primordialen Follikel zu bilden.
  • Zölomepithel, aus welchem ein einfaches kubisches Ovarepithel entsteht.

Übersicht

Bildung des Ovars und der äusseren Genitalien


Übersicht

Die embryonalen Strukturen und die entsprechenden definitiven Derivate in jedem Geschlecht.



Vorherige Seite | Nächste Seite