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21.1 Vergleichende Entwicklung der weiblichen Geschlechtsgänge
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Bei beiden Geschlechtern entwickelt sich pro Körperseite ein Genitalweg. Die Primordia dieser Geschlechtsgänge umfassen dabei die Urnierentubuli, die paarigen Wolff‘schen und Müller’schen Gänge sowie den unpaarigen Sinus urogenitalis. Der Müller‘sche Gang (Ductus paramesonephricus) wird lateral des Wolff‘schen Gangs (Ductus mesonephricus) an der Urniere angelegt und kreuzt den Wolff‘schen Gang am kaudalen Urnierenpol nach
medial (Abb. 1).
Beim weiblichen Individuum, dem konstitutiven Geschlecht, werden Urniere, Urnierentubuli und Wolff‘sche Gänge zurückgebildet. Allfällige Relikte der Urnierenkanälchen können im Mesovar als Epoophoron bestehen bleiben, cauale Übrigbleibsel des Urnierengangs werden als Gartner‘ Gänge bezeichnet. Erhalten bleiben die Müller‘schen Gänge und der Sinus urogenitalis. Ersterer bildet den Eileiter, den Uterus und den kranialen Vaginalabschnitt. Die caudalen Vaginalanteile entstehen aus dem Sinus urogenitalis. Bei der Bildung der definitiven weiblichen Geschlechtsgänge verschmelzen die beiden Müller‘schen Gänge zu gewissen Anteilen (Abb. 2). Der Grad der Fusion bestimmt je nach Ausmass seiner Ausdehnung nach cranial die speziesspezifische Ausformung der weiblichen Geschlechtsgänge (siehe Speziesspezifitäten).
Bei männlichen Individuen, dem induzierten Geschlecht, bleiben einige Urnierenkanälchen als Ductuli efferentes erhalten, der Urnierengang wird zum D. epididymidis und zum D. deferens. Die Urethra masculina entsteht vollständig aus dem Sinus urogenitalis (Abb. 3). Rudimentäre Urnierenkanälchen ohne Anschluss an das Rete testis werden als Ductuli aberrantes, solche ohne Verbindung zum Urnierengang als Paradidymis bezeichnet. Die Müller‘ Gänge werden hingegen zurückgebildet. Allfällige Relikte können als Appendix testis bzw. als Utriculus masculinus bestehen bleiben. Die Rückbildung des cranialen Keimdrüsenbandes ist Voraussetzung für den Descensus testis.
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Abb. 1 - Schematische Dorsalansicht der indifferenten Primordia der Geschlechtsorgane |
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Legende |
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Abb. 1
Bei beiden Geschlechtern sind Urnierentubuli, paarige Wolff‘sche und Müller’sche Gänge sowie der unpaarige Sinus urogenitalis als Primordia der Geschlechtsgänge angelegt.
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Abb. 2 - Schematische Dorsalansicht
der weiblichen Geschlechtsorgane |
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Abb. 3- Schematische Dorsalansicht
der männlichen Geschlechtsorgane |
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Legende |
1
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7
8
9
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Nachniere
Ureter
Harnblase
Eileiter
Uterus
Ovar
Lig. suspensorium ovarii
Lig. ovarii proprium
Lig. teres uteri
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1
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3
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7
8
9
10 |
Nachniere
Ureter
Harnblase
Ductuli efferentes Ductus deferens
Ductus epididymidis
Gl. vesicularis
Hoden
Lig. testis proprium
Lig. caudae epididymidis
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Abb. 2
Entwicklung der weiblichen Geschlechtsorgane
Bei weiblichen Individuen entwickeln sich die Geschlechtsgänge aus den Müller‘ Gängen, die Urnierenkanälchen und der Urnierengang bilden sich zurück.
Abb.3
Entwicklung der männlichen Geschlechtsorgane
Bei männlichen Individuen bleiben einige Urnierenkanälchen als Ductuli efferentes erhalten, der Urnierengang wird zu D. epididymidis und D. deferens, die Müller’ Gänge bilden sich zurück.
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Wie erwähnt, kommt es zu einer tierartlich unterschiedlich ausgeprägten Verschmelzung der Müller‘sche Gänge. Das Ausmass der Fusion führt dann zur speziesspezifischen Ausgestaltung der weiblichen Geschlechtsgänge.
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Primitiv entwickelte Tiere
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Bei den niederen Säugetieren (Metatheria, z.B. Beutelratte, Koala und Känguruh) und den Ursäugern (Protheria, z.B. Schnalbetier und Ameisenigel) bleibt die Paarigkeit der Müller‘schen Gänge erhalten. Bei ihnen sind also der Uterus, die Cervix und die Vagina doppelt ausgebildet: Uterus duplex, Vagina duplex (Abb. 4).
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Abb. 4 - Uterus Beuteltier |
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Legende |
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1
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4
5
6
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Ovar Uterushorn
Zervix
Vagina
Urethramündung
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Abb. 4
Uterus der Beuteltiere.
Bei den Marsupialiern verschmelzen nur die caudalen Anteile der Müller' Gänge, so dass Uterus, Cervix und die cranialen Anteile der Vagina paarig ausgebildet sind.
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Bei den meisten Nagetieren verschmilzt nur der kaudalste Anteil der Müller‘schen Gänge, also der Vaginalbereich. Sie besitzen eine einheitliche Vagina, jedoch eine doppelte Cervix und einen doppelten Uterus: Vagina simplex, Uterus duplex (Abb. 5).
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Abb. 5 - Uterus Kaninchen |
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Legende |
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5
6
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Ovar
Uterushorn
Zervix
Vagina
Urethramündung
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Abb. 5
Uterus des Kaninchens. Beim Kaninchen bleibt der Uterus einschliesslich der Cervix paarig. Man spricht von einem Uterus duplex mit Vagina simplex.
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Bei unseren Haussäugetieren vereinigen sich zusätzlich zur Vagina auch jene Anteile, die zu Uterushals und Uteruskörper werden. Nur die Uterushörner verbleiben paarig. Bei dieser Fusionsform spricht man von einem Uterus bicornis.
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Beim Rind verschmelzen die kaudalen Anteile der Müller’ Gänge einschliesslich des Uteruskörpers. Als Relikt der paarigen Anlage besteht im Uteruskörper ein Septum, das Velum uteri: Uterus bicornis subseptus (Abb. 6).
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Abb. 6 - Uterus Wiederkäuer |
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Legende |
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5
6
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Ovar
Uterushorn
Uteruskörper
Zervix
Vagina
Urethramündung
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Abb. 6
Uterus der Wiederkäuer.
Die Wiederkäuer besitzen einen Uterus bicornis subseptus mit widderhornartig eingerollten Uterushörnern.
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Schwein und Fleischfresser
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Beim Schwein und beim Fleischfresser bleiben die Uterushörner bis auf einen kurzen vereinten Uteruskörper weitgehend paarig: Uterus bicornis subseptus (Abb. 7 und 8).
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Abb. 7 - Uterus Schwein |
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Abb. 8 - Uterus Hund |
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Legende |
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6
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Ovar
Uterushorn
Uteruskörper
Zervix
Vagina
Urethramündung
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1
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3
4
5
6
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Ovar
Uterushorn
Uteruskörper
Zervix
Vagina
Urethramündung
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Abb. 7
Uterus des Schweines.
Das Schwein besitzt einen Uterus bicornis subseptus mit langen, darmschlingen-ähnlichen Uterushörnern.
Abb. 8
Uterus des Hundes. Die Hündin besitzt einen Uterus bicornis subseptus mit langen, gerade verlaufenden Uterushörnern.
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Beim Pferd schreitet die Verschmelzung der Müller’ Gänge so weit fort, dass ein einheitlicher Uteruskörper ohne Velum uteri entsteht. Die paarig verbliebenen Hörner sind kurz: Uterus bicornis non subseptus (Abb. 9).
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Abb. 9 - Uterus Pferd |
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Legende |
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5
6
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Ovar
Uterushorn
Uteruskörper
Zervix
Vagina
Urethramündung
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Abb. 9
Uterus des Pferdes. Die Stute besitzt einen Uterus bicornis non-subseptus mit gestreckten Uterushörnern.
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Beim Menschen haben sich, im Gegensatz zu den Haussäugetieren, alle Anteile ausser den Eileitern vereinigt. Die Uterusform beim Menschen wird als Uterus simplex bezeichnet (Abb. 10).
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Abb. 10 - Uterus Mensch |
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Legende |
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5
6
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Ovar
Uterushorn
Zervix
Vagina
Urethramündung
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Abb. 10
Uterus des Menschen. Beim Menschen ist die Verschmelzung der Müller' Gänge am weitesten fortgeschritten, so dass ein einheitlicher Uterus entsteht. Lediglich die Eileiter bleiben paarig ausgebildet.
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