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11.2 Abweichende Chromosomenzahl oder -struktur
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Angeborene Missbildungen können durch eine Anomalie in der Zahl oder Struktur der Chromosomen hervorgerufen werden. Störungen in der Gametogenese also in der ersten bzw. zweiten meiotischen Teilung bei der Bildung der Eizellen bzw. der Spermien führen zu solchen Defekten.
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Chromosomenmutationen können mit Färbemethoden (Bänderungstechniken) sichtbar gemacht werden. Dabei analysiert man die Chromosomen nach dem Einfärben unter 1000-facher Vergrösserung. Man erkennt dabei die Chromosomen als gestreifte Stränge und stellt sie in einem Karyogramm dar, nachdem sie nach Grösse und Lage der Zentromeren aufgereiht sind. Es entstehen so verschiedene Gruppen von ähnlichen Chromosomen.
Kleinere Aberrationen werden heute mittels Molekularzytogenetik (FISH) untersucht. FISH (Fluoreszenz-in-situ-Hybridisierung) ermöglicht u. a. die gezielte Identifizierung von partiellen Aneuploidien wie Deletionen, Duplikationen und unbalancierten Translokationen (siehe später), die unter dem Auflösungsbereich der Lichtmikroskope liegen. Es steht heute ein umfangreiches Potential an DNA-Sonden und Techniken zur Verfügung, die in Abhängigkeit von den diagnostischen Fragestellungen wahlweise Anwendung finden. Mit der FISH-Methode können Veränderungen der Chromosomen bis zu einer Grösse von ca. 5 Mio Nukleotiden analysiert werden.
Kleinere Defekte liegen unter der Auflösungsgrenze dieser Methode. Sie werden heute mit der DNA-Analytik analysiert.
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In diesem Link (english) wird die Aufbereitung der Zellen für das Karyogramm dargestellt.
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Folgende Gewebe werden für die Diagnostik der Chromosomenaberrationen verwendet:
- Lymphozytenkulturen
- Knochenmarkskulturen
- Fibroblastenkulturen
- Amnionzellkulturen
- Chorionzellkulturen
Nähere Beschreibung der Analyseverfahren von:
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Entstehung der abweichenden Chromosomenzahl
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Ein Verlust eines ganzen Chromosoms führt zu einer Monosomie oder ein überzähliges Chromosom zur Trisomie. Alle diese Formen haben eine von 46 abweichende Chromosomenzahl, was auch als Aneuploidie (griechisch: "Nicht-gutes-Vielfaches") bezeichnet wird. Verantwortlich für das Auftreten einer Mono-/bzw. Trisomie ist die Non-Disjunktion im Meioseprozess der Gametogenese. |
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Abb. 5 - Non-Disjunktion in Meiose I
der Spermatogenese |
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Legende |
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A
B
M1
M2 |
Klinefelter-Syndrom (männlicher Phänotyp)
Turner-Syndrom
(weiblicher Phänotyp) Vorgang der Meiose I Vorgang der Meiose II
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Abb. 5 Entstehung von Trisomie/Monosomie der Geschlechts- Chromosomen durch eine Non-Disjunktion in der Meiose I (orange). Dabei werden Keimzellen gebildet, die bei der Befruchtung zu einer von 46 abweichenden Chromosomenzahl führen.
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Geschlechts Chromosomen- aberrationen kommen relativ häufig vor. Die beiden häufigsten gonosomalen Aberrationen numerischer Art sind:
Klinefelter Syndrom
und
Turner-Syndrom
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Es können sich bei der Spermato- bzw. Oogenese Gameten mit überzähligen als auch solche mit fehlenden Chromosomen bilden. Da die Meiose in zwei Schritten vollzogen wird, kann es sowohl in der Disjunktion der ersten als auch der zweiten meiotischen Teilung zu Störungen kommen.
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Abb. 6 - Entstehung von Trisomie/Monosomie bei den Geschlechts-Chromosomen: Non-Disjunktion in Meiose II |
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Legende |
A B C M1 M2
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Triple X-Syndrom (weiblicher Phänotyp)
Turner-Syndrom (weiblicher Phänotyp)
XYY-Syndrom
Vorgang der Meiose I Vorgang der Meiose II
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Abb. 6 Geschieht eine Störung in der Disjunktion der Meiose II (orange), werden wiederum Keimzellen mit einem Chromosom zuviel oder zuwenig gebildet.
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In den Abb. 5 und 6 sind Störungen der Reifeteilungen der Keimzellen dargestellt. Dabei können sich Mono- bzw. Trisomien bilden. Trisomien der Geschlechts-Chromosomen (XXX, XXY od. XYY) kommen relativ häufig vor und sind gut mit dem Leben vereinbar, wohingegen Monosomien generell nicht lebensfähig sind mit der einzigen Ausnahme des Turner-Syndroms.
Unter den Trisomien der Autosomen ist die Trisomie 21 (Down-Syndrom) die bekannteste. Das Auftreten von Trisomie 21, sowie vieler durch Non-Disjunktion verursachter Chromosomenaberrationen, ist eng mit dem Alter der Mutter korreliert. Die Wahrscheinlichkeit, ein Kind mit Trisomie 21 zu gebären, nimmt mit dem Alter exponentiell zu. Tritt aber eine Trisomie 21 schon bei jungen Mütter auf, muss auf jeden Fall differentialdiagnostisch eine vererbte Chromosomenaberration erwogen werden (vgl. Robertson'sche Translokation).
Zwei weitere nach der Trisomie 21 häufigsten Trisomieformen, die bei Lebendgeborenen gefunden werden, sind die Trisomie 13 (Pätau-Syndrom) und die Trisomie 18 (Edwards-Syndrom).
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Bei Trisomie 13 treten folgende Symptome auf:
- Mikrozephalie mit fliehender Stirn, Holoprosenzephalie, Aplasie des Corpus callosum
- Mikrophthalmus und Kolobome
- Lippen-Kiefer-Gaumenspalten
- Polydaktylie
- Herz- und Nierenmissbildungen
- Letalität 80-90% im 1. Lebensjahr
Bei Trisomie 18 treten folgende Symptome auf:
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