11.2 Abweichende Chromosomenzahl oder -struktur



Entstehung der abweichenden Chromosomenstruktur

Quiz

Quiz 07


Stukturelle Aberrationen sind Folgen von Chromosomenbrüchen, die sich während der Meiose ereignen. Dabei führen die Deletion, die Duplikation und die Isochromosomiebildung zu einem abnormalen Phänotypen, während die Insertion, Inversion sowie Translokation balanciert sein können. Dies bedeutet, dass der Träger dieser strukturellen Chromosomenaberration phänotypisch unauffällig sein kann, weil das ganze Genmaterial vorhanden ist.

Zur Erinnerung

Die verschiedenen Bereiche eines Chromosoms



Deletion


Eine Deletion kann sich in jedem Chromosom ereignen und jede Grösse aufweisen. Welche Folgen eine Deletion hat, hängt davon ab, wie gross das fehlende Stück ist und welche Gene sich in diesem fehlenden Abschnitt befinden. Eine partielle Deletion am kurzen Arm (p) des Chromosoms 5 ist für das Cri-du-chat-Syndrom verantwortlich. (4)
Abb. 7 - Deletion  Legende

A
B
normales Chromosomenpaar 5
Deletion 5p

Abb. 7
Ein DNA-Stück ist aus dem Chromosom 5 herausgebrochen. Dies führt abhängig davon, wo das Stück herausgebrochen ist und wie lang es ist, zum Verlust mehrerer bis vieler Gene.

Animation (40 Kb)



Mehr dazu

Das Cri-du-chat Syndrom äussert sich durch katzenartiges Schreien des Neugeborenen Diese Störung geht mit Mikrozephalie, schwerer psychosomatischer und geistiger Retardierung und Herzfehlern einher.



Auch Enden (Telomere) von Chromosomen brechen gelegentlich ab und gehen verloren. In diesem Fall kann es zu Ringbildungen der Chromosomen kommen, indem sich die beiden Enden verbinden. Geht dabei keine Erbinformation verloren, sind auch solche Strukturveränderungen balanciert und der Phänotyp unauffällig. Probleme entstehen nur bei der Gametenbildung.
Abb. 8 - Ringbildung  Legende

A
B
normales Chromosomenpaar
Ringbildung

Abb. 8
Durch einen Verlust der Chromosomen-
enden kann eine Ringbildung enstehen.

Animation
(72 Kb)

Karyogramm




Duplikation


Eine Chromosomenduplikation ist die Verdoppelung eines Chromosomenstückes. Eine Duplikation wird manchmal als eine "partielle Trisomie" bezeichnet. Wenn also eine Duplikation vorliegt, verfügt die Person über 3 Kopien der Gene im betreffenden Chromosomenabschnitt.
Dies bedeutet, dass zusätzliche Anweisungen (Gene) vorhanden sind, was zu angeborenen Defekten oder Entwicklungsproblemen führt.

Abb. 9 - Duplikation  Legende

A
B
normales Chromosomenpaar
Chromosom mit einer Duplikation

Abb. 9
Ein
Chromosomen-
abschnitt verdoppelt sich und wird auf demselben Chromosom wieder eingebaut.

Animation (38 Kb)


Mehr dazu

Das Fragile-X-Syndrom ist eine mehrmalige Duplikation eines CGG-Abschnittes in der 5' unübersetzten Region des FMR1-Gen auf dem X-Chromosom (Xq27). Es bestehen 4 bekannte Formen dieses Syndroms:

  1. 6-40 Wiederholungen = Schwache Form
  2. 41-60 Wiederholungen = Mittlere Form
  3. 61-200 Wiederholungen = starke Form
  4. >200 Wiederholungen = Vollmutation, die phänotypisch in Erscheinung tritt.

Da dies eine X-gebundene Mutation ist, sind Männer stärker betroffen als Frauen. Das Fragile-X-Syndrom führt zu einer der häufigsten Form der vererbten, geistigen Behinderung. Das Sydrom äussert sich neben der geistigen Behinderung in einer Prognathie, das Gesicht ist lang und schmal und der Patient hat grosse Ohren.



Inversion


Werden Chromosomenstücke, die herausgebrochen sind, wieder verkehrt eingesetzt, handelt es sich um eine Inversion.
Der Phänotyp dieser Störung ist meistens unauffällig, da ja die ganze Information des Chromosoms vorliegt. Wenn der vertauschte Bereich das Zentromer mit einschliesst, nennt man dies eine perizentrische Inversion, andernfalls als parazentrische Inversion.



Abb. 10 - Inversion parazentrisch Abb. 11 - Inversion perizentrisch  Legende

A
B
normales Chromosom
Chromosom mit parazentrischer Inversion


A
B
normales Chromosom
Chromosom mit perizentrischer Inversion

Abb. 10, Abb. 11
Das Bruchstück wurde verkehrt wieder eingefügt.

Animation:
Inversion parazentrisch
(32 Kb)

Animation:
Inversion perizentrisch (64 Kb)



Insertion


Werden Bruchstücke von Chromosomen woanders wieder angesetzt, wird dies als Insertion bezeichnet. Träger solcher Insertionen können phänotypisch unauffällig sein, weil keine Information verloren gegangen ist.

Abb. 12 - Insertion  Legende

A
B
2 normale Chromosomenpaare
Insertion eines abgebrochenen Stückes auf ein anderes Chromosom

Abb. 12
Ein Bruchstück, das aus einem Chromosom ausgebrochen ist, wird in die Bruchstellen eines anderen Chromosoms eingefügt.

Animation (111 Kb)



Isochromosomiebildung


Die Isochromosomiebildung ist eine relativ häufige chromosomale Aberration v. a. beim X-Chromosom. Dabei werden die Chromosomen nicht längs (siehe Abb. Normale Teilung von Chromosomen) sondern quer geteilt. Die entstandenen Isochromosomen (Karyogramm) haben entweder zwei kurze oder zwei lange Arme. Personen mit dieser Anomalie des X-Chromosoms haben denselben Phänotyp wie Patienten mit einem Turnersyndrom (45, X0). Dies hängt damit zusammen, dass ein Arm des X-Chromosoms fehlt.


Abb. 13 - Normale Aufteilung der Chromosomen Abb. 14 - Isochromosomiebildung  Legende

A
B
normales X-Chromosom
identische Tochterchromosomen


A
B1
B2
normale X-Chromosom
Isochromosom X iso(Xp)
Isochromosom X iso(Xq)

Abb. 13
Ein Chromosom hat sich auf korrekte Art und Weise längs geteilt. Es entstehen zwei identische Tochter-
chromosomen. Dieser Vorgang findet sowohl in der Meiose wie auch in der Mitose statt.

Animation
(109 Kb)

Abb. 14
Ein Chromosom hat sich quer geteilt. Es entstehen zwei nicht identische Tochter-
chromosomen (X iso(Xp) und X iso(Xq)).

Animation
(173 Kb)



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