10.1 Allgemeine Plazentation



Einteilung aufgrund der Herkunft der fetalen Gefässe


Das Chorion ist primär avaskulär (siehe Allgemeine Plazentation: Eihäute - Chorion). Seine Vaskularisierung zum tertiären Chorion erfolgt über die Splanchnopleura von Dottersack (Placenta choriovitellina) oder Allantois (Placenta allantochorialis).

Placenta choriovitellina: Aufgrund der unvollständigen Spaltung des lateralen Mesoderms vermögen die Arteriae vitellinae das Chorion am abembryonalen Pol zu vaskularisieren.

Placenta chorioallantoica: Die Aa. umbilicales erreichen das Chorion über die Allantoiswand.



Einteilung aufgrund der Gewebeschichten der Interhämalschranke


Die Einteilung bezieht sich auf die Schichten, welche zwischen maternalem und fetalem Blutkreislauf bestehen bleiben. Die vollständige Interhämalschranke setzt sich aus folgenden Schichten zusammen: Fetales Endothel, Mesenchym, Chorionepithel auf der einen Seite sowie Lamina epithelialis und Lamina propria des Endometriums sowie maternales Endothel auf der anderen Seite. Bei der Reduktion der Interhämalschranke sind die fetalen Anteile nie betroffen, vielmehr ist der fetale Trophoblast (Chorionepithel) verantwortlich für den Abbau maternaler Schichten. Je nach Anzahl Schichten (maximal sechs) finden sich angepasste Transportvorgänge, der Stoffaustausch zwischen mütterlichem und fetalem Blut wird durch eine höhere Anzahl von Schichten hingegen nicht beeinträchtigt. So bringen viele Spezies mit einer Placenta epitheliochorialis Nestflüchter zur Welt, während Tierarten mit endotheliochorialer oder hämochorialer Placenta oft Nesthocker gebären.


Placenta epitheliochorialis:

Alle Gewebeschichten bleiben erhalten. Das fetale Epithel des Cytotrophoblasten legt sich dem maternalen Epithel an. Vertreter dieses Typs sind Pferd, Wiederkäuer und Schwein. Die Plazenta von Schaf und Ziege wurde früher als intermediäre Form zwischen Placenta epitheliochorialis und Placenta endotheliochorialis gedeutet (Placenta syndesmochorialis). Heute wird sie aber eindeutig der Placenta epitheliochorialis zugeordnet.
Abb. 20 - Interhämalschranken Legende

1
2
3
4
5
6
7
Embryonales Endothel
Mesenchym
Trophoblast (Chorionepithel)
Uterusepithel
Maternales BG (Lamina propria)
Maternales Endothel
Maternales Blut

Abb. 20
Interhämalschranke einer Plazenta epitheliochorialis. Die Schichten 1 - 3 bilden die Plazenta fetalis, die Schichten 4 - 6 die Plazenta materna.


Placenta endotheliochorialis:

Lamina epithelialis und Lamina propria des Endometriums werden vom Trophoblasten abgebaut, das maternale Gefässendothel bleibt bestehen. Als Antwort auf den invasiven Trophoblasten verdickt es sich vom einschichtig platten zum kubischen Endothel. Diese Form der Interhämalschranke liegt im plazentaren Lamellensystem der Fleischfresser vor.
Abb. 21 - Interhämalschranken Legende

1
2
3
5
6
7
Embryonales Endothel
Mesenchym
Trophoblast
Maternales BG
Maternales Endothel
Maternales Blut

Abb. 21
Interhämalschranke einer Plazenta endotheliochorialis. Die Schichten 1 - 3 bilden die Plazenta fetalis, die Schichten 4 - 6 die Plazenta materna wird bis auf das mütterliche Gefässendothel (6) abgebaut.


Placenta hämochorialis:

Bei dieser höchstmöglichen Reduktion der Interhämalschranke wird zusätzlich zu der maternalen Lamina epithelialis und Lamina propria auch noch das maternale Gefässendothel zerstört. Somit grenzt das Chorionepithel direkt an das maternale Blut. Dieser Typ kommt bei Primaten, Nagern sowie im Randhämatom der Fleischfresser (Extravasatzone der Paraplacenta) vor.
Abb. 22 - Interhämalschranken Legende

1
2
3
7
Embryonales Endothel
Mesenchym
Trophoblast
Maternales Blut

Abb. 22
Interhämalschranke einer Plazenta hämochorialis. Die Schichten 1 - 3 bilden die Plazenta fetalis, die Schichten 4 - 6, das Endometrium wird vollständig abgebaut, so dass der Trophoblast direkt an das mütterliche Blut grenzt (7).







Einteilung aufgrund des Oberflächenreliefs des Trophoblasten


Das Chorion frondosum (= plazentare Stellen, an denen eine Verzahnung von maternalem und fetalem Gewebe stattfindet, siehe Kapitel Ausdehnung materno-fetale Verzahnung) besitzt bei den verschiedenen Tierarten ein unterschiedliches Relief. Die Faltenplazenta entsteht bei der Katze und beim Schwein durch die Ausbildung von ausgedehnten Leisten, beim Hund durch Ausbildung von Trabekeln. Bei Pferden, Wiederkäuern und Menschen wird die Austauschoberfläche des Chorions durch Zotten vergrössert (Zottenplazenta). Die Labyrinthplazenta ist bei Nagern, Hasenartigen und Halbaffen anzutreffen.




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Humanembryologie
die verschiedenen Plazentatypen



Einteilung aufgrund der Ausdehnung der materno-fetalen Verzahnung


Die Bezirke, in denen eine enge Verzahnung zwischen maternalem und fetalem Gewebe vorliegt, bilden das Chorion frondosum. Die Ausdehnung des Chorion frondosum ist tierartlich verschieden ausgebildet und bestimmt weitgehend das äussere Erscheinungsbild der Plazenta. In diesen Gebieten wird der Fetus hämotroph ernährt. Zwischen den Bereichen des Chorion frondosum können Bezirke bestehen bleiben, in denen mütterliches und fetales Epithel im präimplantiven Stadium bleiben und ohne Verzahnung parallel zueinander verlaufen. Hier spricht man vom Chorion leve (Interplazenta). In diesen Bereichen findet eine histiotrophe Ernährung über das Sekret der Uterindrüsen statt.


Abb. 23 - Materno-Fetale Verzahnung Übersicht  Legende
1
2
Pars fetalis
Pars materna

Abb. 23
Beim Schwein beruht das Relief des Chorion frondosum auf einer reissverschlussartigen Verzahnung von Leisten der Pars fetalis (1) und der Pars materna (2).


Abb. 24 - Materno-Fetale Verzahnung  Legende
1
2
3
4
5
6
Embryonale Kapillare
Embryonales Mesenchym
Trophoblast
Uterusepithel
maternales BG (Lamina propria des Endometriums)
maternale Kapillare

Abb. 24
Bei stärderer Vergrösserung lassen sich die 6 Schichten der Interhämalschranke bei der epitheliochorialen Plazenta unterscheiden. Die Pars fetalis besteht aus den Schichten 1 - 3, die Pars materna aus den Schichten 4 - 6.


Placenta diffusa: Die Zotten bzw. Falten sind über das gesamte Chorion gleichmässig verteilt. Ein echtes, makroskopisch erkennbares Chorion leve kommt in der Placenta diffusa naturgemäss nicht vor (ausser dort, wo die Pars fetalis den Einmündungen der Eileiter bzw. dem Ostium uteri internum gegenüberliegt). Bei mikroskopischer Betrachtung lassen sich jedoch Bezirke zwischen den Mikrokotyledonen erkennen, an denen auch histiotrophe Ernährung stattfindet.
Eine Placenta diffusa kommt beim Pferd als Placenta diffusa completa und beim Schwein als Placenta diffusa incompleta vor. Letztere Bezeichnung gilt, weil beim Schwein die Allantois nicht ganz bis in die äusserste Trophoblastenspitzen reicht und das dortige Chorion avaskulär bleibt (sekundäres Chorion).

Placenta cotyledonaria oder multiplex: Diese Art der Plazenta zeichnet sich durch die Ausbildung von Plazentomen aus. Ein Plazentom besteht aus einem maternalen Anteil, der Karunkel, und aus einem fetalen Anteil, der Kotyledo. Die Karunkeln des Uterus sind bereits bei neugeborenen Kuhkälbern erkennbar. Sie stellen damit die zukünftigen Plazentationsstellen dar. Die Karunkeln sind regelmässig in vier längs verlaufenden Reihen angeordnet. Den fetalen Anteil bilden die Kotyledonen (Zottenfelder des Chorion frondosum), die sich mit den maternalen Uteruskarunkeln vereinigen. Zwischen den so entstandenen Plazentomen liegt die Pars fetalis als Chorion leve dem Uterusepithel an. Diese auch als Placenta multiplex seu cotyledonaria bezeichnete Plazentaform kommt bei den Wiederkäuern vor.

Placenta zonaria: Ein gürtelförmiges Chorion frondosum mit seitlicher Interplazenta findet man bei den Fleischfressern.

Placenta discoidalis: Eine Plazenta mit scheibenförmigem (uni- oder bidiscoidalis) Chorion frondosum und peripher dazu angeordnetem Chorion leve wird von Primaten und Nagern ausgebildet.

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Placenta diffusa









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Placenta cotyledonaria oder multiplex









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Placenta zonaria


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Placenta discoidalis



Verhalten nach der Geburt


Bei der Geburt platzen die Amnion- und die Allantoisblase auf und die Nabelschnur reisst ab. Bei der Nachgeburt löst sich die Pars fetalis von der Pars materna und erstere wird ausgestossen. Wenn dieser Prozess ohne maternalen Gewebeverlust vonstatten geht, spricht man von einer Semiplazenta (Halbplazenta, adeziduate Plazenta). Diese kommt bei den Spezies mit nicht-invasiver Blastocyste vor (Wiederkäuer, Pferd, Schwein).

Wird mit der Nachgeburt ein Teil des Endometriums abgestossen, entstehen Wundflächen und Blutungen. Die maternalen Gewebeanteile werden als Dezidua bezeichnet. Fleischfresser, Ratten, Mäuse, Meerschweinchen, Primaten einschliesslich des Menschen besitzen eine solche Placenta vera (Vollplazenta, deziduate Plazenta).

Tabelle

Übersicht Plazentaformen





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