10.3 Mehrlingsträchtigkeit



Intrauterine Positionierung, Spacing


Bei Mehrlingsträchtigkeiten verteilen sich die Blastocysten vor der Implantation in völlig regelmässigen Abständen im Uterus. Dieser Mechanismus wird Spacing genannt, die Regulation ist noch nicht vollständig geklärt. Es wird vermutet, dass die myometrische Aktivität, reguliert durch ein progesteronabhängiges Lysophosphatsäure 3-Signal, hauptverantwortlich ist für das Spacing.

In der frühen Trächtigkeit sind die Embryonen genau gleich gross und gleichmässig verteilt. Im Laufe der Trächtigkeit können sich die Abstände aber verändern, wenn – was häufig vorkommt – ein oder mehrere Embryonen absterben und resorbiert werden.


Abb. 52 - Spacing  Legende
1
2
3
4
Blastozysten, gleichmässig verteilt
Corpus uteri
Zervix
Ovarien

Abb. 52
Regelmässig verteilte Blastocysten im Uterus des Schweines.


Gewicht und Grösse der Embryonen variieren im Laufe der Trächtigkeit erheblich. In der Regel nehmen diejenigen Embryonen, die näher an der Uterushornspitze oder nahe bei der Cervix liegen, schneller an Gewicht und Grösse zu. Vermutet wird ein Zusammenhang mit der maternalen Blutversorgung. Beim Schwein wurde gezeigt, dass der Embryo am Ende eines Horns mehr sauerstoff- und nährstoffreiches Blut erhält als sein Geschwisterembryo in der Mitte des Uterushorns.

Die benachbarten Embryonen beeinflussen sich aber auch gegenseitig. Aus der Amnionflüssigkeit können Hormone zu den Nachbarembryonen diffundieren und diese in ihrer Entwicklung beeinflussen. So wird beschrieben, dass sich ein weiblicher Embryo, der zwischen zwei männlichen Embryonen positioniert ist, in anatomischer, physiologischer und verhaltensspezifischer Hinsicht maskuliner entwickelt als ein weiblicher Embryo, der von zwei weiblichen Embryonen umgeben ist. In geringem Masse können auch männliche Embryonen von benachbarten weiblichen Embryonen beeinflusst werden. Diese Diskrepanz entsteht durch die unterschiedliche Eigenhormonproduktion. Während in weiblichen Embryonen Sexualsteroide in sehr kleinen Mengen durch die Nebennierenrinde gebildet werden, bilden männliche Embryonen in ihren temporären Leydigzellen sehr grosse Mengen an Sexualsteroiden. Deshalb haben die wenigen weiblichen Hormone, die in einen männlichen Embryo gelangen, praktisch keinen Einfluss auf diesen. Zudem stellt das weibliche das konstitutive Geschlecht dar und bedarf somit keiner besonderen Steuerungsfaktoren für die Morphogenes der Geschlechtsorgane. Die genannten intrauterinen Positionseffekte sind eine bedeutsame Ursache der nicht genetischen Variabilität und Diversität.

Tabelle

Intrauterine Positionseffekte



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