3.2 Sexualzyklus



Schwein


Der Eintritt der Pubertät hängt stark von der Fütterung, dem Körpergewicht, der Rasse und der Umwelt ab und erfogt zwischen dem 6. und dem 9. Monat. Das europäische Hausschwein ist asaisonal polyöstrisch.

Die durchschnittliche Zykluslänge beträgt 21 Tage, mit Schwankungen von 18 bis 24 Tagen.

Als Zyklustag 1 wird bei der Sau jener Tag bezeichnet, an welchem erstmals der Duldungsreflex auftritt. Dieser und der darauffolgende Tag werden dem Östrus zugeordnet. Der darauf folgende Metöstrus erstreckt sich über die Tage 3 bis 5, der Diöstrus dauert vom 6. bis zum 17. Zyklustag. Am 18. Tag schliesst sich der Proöstrus an, der bis zum 21. Tag anhält. 2 bis 3 Tage nach der Geburt eines Wurfes zeigen Sauen oft einige Brunstanzeichen, Ovulationen finden aber meistens nicht statt. Sauen, die zusammen mit ihren Ferkeln gehalten werden, werden normalerweise erst nach dem Absetzten der Ferkel brünstig, sie machen also eine Laktationsanöstrie.



Proöstrus


Der Proöstrus als Phase des Follikelwachstums dauert zwei bis drei Tage.

Die vermehrte Expression von LH- und FSH-Rezeptoren auf den Granulosa- und Thekazellen führt zu einer Steigerung der Steroidogenese. In diesem hormonellen Umfeld wachsen auf dem Ovar 10 bis 15 Follikel bis zur Grösse von 10 mm heran.

Der Anstieg des Östrogenspiegels bewirkt Veränderungen an den Genitalorganen, die allen Spezies gemein sind (siehe Kapitel Proöstrus). Äusserlich tritt eine leichte Rötung und Schwellung der Vulva auf, evtl. eine geringe Sekretion von Brunstschleim. Die Sau ist etwas unruhig und grunzt viel, der Duldungsreflex ist aber noch nicht auslösbar.



Östrus


Durch vermehrte pulsatile Ausschüttung von LH kommt es zu einem LH-Gipfel, der mit dem Eintritt des 1 bis 2 Tage dauernden Östrus einhergeht.

Auf dem Ovar sind 10 bis 15 ovulationsreife Follikel ausgebildet. Diese sind etwa 10-12 mm gross und unterscheiden sich deutlich von den weniger östrogenaktiven, kleineren, nicht-selektierten Follikeln. 30 bis 42 Stunden nach dem LH-Peak tritt die Ovulation ein, nach einer Kopulation früher als bei nicht gepaarten Sauen.

Es kommt nicht zwingend zu einer Ovulation sämtlicher dominanter Follikel. Die Ovulationen erfolgen innerhalb von ungefähr vier Stunden.

An den Genitalorganen vollziehen sich die brunsttypischen Veränderungen (siehe Kapitel Östrus und Ovulation). Als Antwort auf taktile, visuelle oder olfaktorische Reize wird aus der Adenohypophyse Oxytocin ausgeschüttet, unter dessen Wirkung sich das Myometrium kontrahiert und so den Spermientransport im Uterus erleichtert.

Die weiche, gerötete Vulva (die Schwellung nimmt gegen Ende der Brunst ab), eine reduzierte Futteraufnahme und die Unruhe des Schweines sind Hinweise auf eine Brunst. Falls Brunstsekret aus der Vulva austritt, ist es trüb und viskös. Verifiziert wird die Brunst mit dem Reitertest, bei dem sich der Tierbetreuer rittlings auf die Sau setzt. Bleibt diese still und mit nach hinten gelegten Ohren stehen, so deutet dies auf das Vorliegen des Duldungsreflexes. Die Sau zeigt Paarungsbereitschaft und ist also in der Rausche. Dabei gilt es jedoch zu beachten, dass ein positiver Reitertest oft nur mit Hilfe von akustischen und olfaktorischen Reizen durch den Eber auszulösen ist.

Die Spermien des Ebers bleiben nach der Paarung 1 bis 3 Tage befruchtungsfähig, die Eizelle nach der Ovulation jedoch nur 8 bis 12 Stunden.

In der Regel wird ein Schwein in der Brunst zweimal belegt, das erste Mal 8 bis 14 Stunden nach Eintritt des Duldungsreflexes und das zweite Mal 20 bis 26 Stunden nach Eintritt des Duldungsreflexes.



Metöstrus


An die Ovulationen schliesst sich der 2 bis 3 Tage dauernde Metöstrus an.

Die kollabierten Follikelhöhlen auf dem Ovar füllen sich mit Blut (Corpora hemorrhagica). Die sich anbildenden Gelbkörper produzieren Progesteron und bereiten die Gebärmutter damit auf die Einnistung der Embryonen und die Trächtigkeit an sich vor.

Unter dem Progesteroneinfluss gehen Rötung und Schwellung der Vulva vollständig zurück und die Sau zeigt keinen Duldungsreflex mehr (Reitertest negativ).



Diöstrus


Der Diöstrus beginnt am 7. Tag nach der ersten Duldung und dauert 11 Tage. Oft werden in der Literatur Metöstrus und Diöstrus zusammengefasst, da eine klare Trennung nicht möglich ist.

Trotz der schnell und stark ansteigenden Progesteronkonzentrationen wird die Sekretion von LH nie vollständig unterdrückt.

Während der Lutealphase können neben den Gelbkörpern bis zu hundert Follikel verschiedener Grösse und Reife auf dem Ovar gezählt werden.


Abb. 18 - Ovar Schwein Abb. 19 - Ovar Schwein  Legende

1
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3
Corpus luteum
Corpus luteum im Anschnitt
Kleine Tertiärfollikel


1
3
Corpora lutea
Kleine Tertiärfollikel

Abb. 18
Die Oberfläche des Ovars der Sau ist von zahlreichen Funktionsstadien geprägt.

Abb. 19
Die Follikel und die Gelbkörper, welche am Ovar der Sau von aussen erkennbar sind, verleihen diesem eine traubenähnliche Gestalt.


Sieben Tage nach Ovulation sind schon die Hälfte der Follikel atresiert, werden aber kontinuierlich durch nachwachsende Follikel ersetzt, so dass ein ständiger Pool verschieden grosser Follikel vorhanden ist.

Die Rückbildung der Gelbkörper erfolgt ab dem 16. Zyklustag, sofern keine Trächtigkeitssignale empfangen wurden (siehe Maternale Erkennung der Trächtigkeit).

Während dem Diöstrus treten beim Schwein keinerlei Brunstsymtome auf.



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